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Das Buch "Female Choice" liegt verkehrt herum auf dem Tisch

Veröffentlicht 08.04.2021

Warum diese Kritische Rezension?

In der Natur müssen Männchen singen, tanzen, kämpfen, bauen, während die Weibchen die Show genießen und anschließend mit dem Sieger abziehen. Die Konkurrenz liegt bei den Männchen. Das Prinzip nennt man Female Choice. Bei den Menschen wurde dieses Prinzip nach der Entdeckung des Ackerbaus ausgehebelt. Es entstand eine Welt, die von Männern für Männer gemacht ist. … Mit einer bestechenden Verbindung aus Biologie, Kulturgeschichte und einem ebenso klaren wie humorvollen Ton beschreibt Meike Stoverock nicht nur, wo die Menschheit vor über 10 000 Jahren falsch abgebogen ist, sondern auch, was sich ändern muss, damit Mann und Frau heute miteinander glücklich werden.[1]

Mit diesem Klappentext wurde das Buch „Female Choice – Vom Anfang und Ende der männlichen Zivilisation“ der Biologin Dr. Meike Stoverock (erschienen Februar 2021) im November 2020 angekündigt. Schon jetzt zeichnete sich ab, dass ich diese kritische Rezension bzw. Antwort würde schreiben müssen, enthielt dieser erste kurze Text doch schon schwerwiegende Fehler, die durch eine interdisziplinäre Betrachtung, wie sie die Patriarchatsforschung vornimmt, nicht passiert wären: Denn nicht der Ackerbau war Auslöser der Entstehung des Patriarchats, sondern ein Klimawandel, in dessen Folge der Ackerbau und auch einfache Tierhaltung an Bedeutung verloren und durch die Viehzucht verdrängt wurden.
Wie ich bereits vielfach ausgeführt habe, wurden Frauen im Viehzüchternomadentum der Steppen und Bergregionen Eurasiens erstmals ins Patriarchat gezwungen. Erst hier erklärten Männer die Monogamie (Stoverock nennt sie Monogynie, dies aus Sicht der Männer) mit Ehe und Familie zur „normalen“ Lebensweise. Die so versklavten Frauen hatten nun den Männern zu folgen, denn da wo das Vieh war, war auch der Mann und Gebieter über Mensch und Tier. Auf dieser Basis entstand das von der Viehzüchtermentalität durchdrungene Vaterrecht, das die Patrilinearität mit Namens- und Erbrecht festschrieb. Das Patriarchat entstand damit nicht „vor über 10.000 Jahren“, sondern vor ca. 8200 Jahren (Klimaereignis Misox-Schwankung). Bis zu diesem Zeitpunkt war die Sesshaftigkeit schon über 3000 Jahre friedlich verlaufen (Präkeramisches Neolithikum, 9500v. u. Z.) und die ersten Versuche, Getreide anzubauen, lagen schon ca. 5800 Jahre zurück (12. Jtd.). Erste Großsiedlungen wie Çatal Höyük entstanden und erreichten schnell ein hohes Zivilisationsniveau. [siehe hierzu auch „Nachtrag Aktuelles“ unten]

Um zu retten, was noch zu retten war, bevor das Buch veröffentlicht werden sollte, schrieb ich der Autorin auf Twitter eine kurze Privatnachricht mit meinen Anmerkungen und den Links zu meinem Artikel „Female Choice – unser unbekanntes Menschenrecht„, in dem ich auf diese Zusammenhänge schon 2015 eingegangen war, sowie zu meinem Vortrag „Explosion und Expansion„, in dem ich die regionalen Vorgänge detailliert dargestellt habe.
In ihrer Antwort berief sich Stoverock auf ihre Expertise als Biologin und auf nicht näher spezifizierte Literatur, in der sie schwankende Angaben zum Beginn der „Landwirtschaft“, die sie als „Ackerbau und Viehzucht“ definierte, nachgelesen haben will. Die Jahreszahlen seien Details. Minuten später twitterte sie öffentlich: „Jemand mansplaint mir mein Buch aufgrund des Umschlagtextes. Plottwist: es ist eine Frau.

Inzwischen wurde der Werbetext zum Buch auf der Homepage des Klett-Cotta-Verlages (Tropen) geändert, und ist so auch als Klappentext im Buch wiederzufinden: „… Mit der Landwirtschaft wurden die Menschen sesshaft und die Frauen aus der Öffentlichkeit ins private Heim gedrängt. … Klug, provokant und anschaulich beschreibt Meike Stoverock nicht nur, wo die Menschheit vor über 10 000 Jahren falsch abgebogen ist, sondern auch, was sich ändern muss, damit Männer und Frauen eine gemeinsame Zukunft haben.

Das Wort „Ackerbau“ ist nun verschwunden und durch sinngemäß „sesshafte Landwirtschaft“ ersetzt, was die Sache nicht besser macht. Immer noch ist die Zeitangabe „vor über 10.000 Jahren“ zu lesen.
Am 20. Februar erschien das Buch begleitet von der üblichen Pressekampagne des Verlages in allen einschlägigen Medien. An diesem Tag und den darauffolgenden hatte ich ungewöhnlich viel Besuch auf meiner Homepage, und zwar über den Google-Suchbegriff „female choice“, und es erreichten mich Zuschriften, von denen ich eine hier besprochen habe.

Inzwischen habe ich das Buch gründlich und mit dem Bleistift in der Hand gelesen, und ich könnte den nun folgenden Text abkürzen mit: das Buch ist eine einsame Katastrophe für den Feminismus, die Patriarchatsforschung, die Aufklärung und die Female Choice, und es ist einer Doktorin der Biologie nicht würdig. Aber ich wurde mehrfach um eine ausführliche Stellungnahme gebeten und in der Tat bedarf es einer umfassenden Korrektur bzw. Kritik.

Zum vorliegenden Buch

Mein erster Blick galt den letzten Seiten des Buches, dem Literaturverzeichnis – denn es interessierte mich, ob Stoverock Autorinnen der Patriarchatsforschung, z.B. Rona Duwe und meine Person – wir hatten ihr über Twitter einiges Wissen zugetragen – auch genannt hat und noch viel wichtiger: ob sie die Entdeckung des Zusammenhangs der Unterdrückung der Female Choice mit dem Patriarchat wissenschaftsgeschichtlich richtig dem Patriarchatsforscher Gerhard Bott zugeordnet hat, der seine Theorie 2009 in dem immer noch erhältlichen Buch „Die Erfindung der Götter“ veröffentlicht hatte. Kurz gesagt: Hat sie nicht, weder das eine noch das andere.
Meinen Hinweis bei Twitter auf diese nicht gemachten Hausaufgaben, die von einer Doktorin aber unbedingt zu erwarten seien, und auch die erste Kritik vieler anderer Frauen, wie z. B. Rona Duwe, die aufgrund der Medienbeiträge hellhörig wurden, bürstete sie harsch ab, das sei, sinngemäß, nur Gnatz und mangelnde Frauensolidarität.

Eigentlich sollte ein Literaturverzeichnis die Behauptungen in einem Buch belegen, eine Lesehilfe sein und Interessierten weiterhelfen. Aber es fehlen jegliche Fußnoten und Literaturhinweise im Text, womit eine wesentliche Regel wissenschaftlichen Arbeitens gebrochen ist. Auch ein Stichwortverzeichnis fehlt schmerzlich. Das Literaturverzeichnis liefert neben 16 unkategorisierten, aber alphabetisch geordneten Büchern größtenteils Artikel aus Zeitschriften und Internetlinks, was grundsätzlich in Ordnung ist. Die Links bestehen aber teils nur aus aussagelosen Zeichen, die wir mühsam in den Browser abtippen müssen, ohne zuvor auch nur einen Anhaltspunkt zu bekommen, was sich dahinter verbirgt. Alles ist dennoch nach bestimmten Kategorien sortiert, jedoch nicht alphabetisch oder nach einer sinnvollen Vorsortierung. Es gibt z. B. auf Seite 344 die Kategorien „Pflegearbeit“, „Altsteinzeit und Altertum“, „Verhütung“, „Kernfamilie“ sowie „Höhlenmalerei und erotische Kunst“ und auf Seite 345 „Antike Gesetzestexte“, „Wechsel von Gleichheit zu Patriarchat“ sowie „Genetischer Flaschenhals“, alles in dieser merkwürdigen Reihenfolge. Hier suchte ich nun weiter nach der Literatur zur Sesshaftwerdung und Erfindung der Landwirtschaft, die sie ja gelesen haben will, sowie nach anderen Texten zur Entstehung des Patriarchats.

Ein einzelner „sprechender Link“, nämlich https://www.spektrum.de/news/kernfamilie-schon-in-der-steinzeit/973990, ist unter „Kernfamilie“ zu finden. Er verweist auf einen Artikel, der die kupfersteinzeitliche Grabungsstätte bei Eulau thematisiert, wo in einem Grab die älteste bekannte Kernfamilie der Welt entdeckt wurde. Das Grab ist ca. 4600 Jahre alt; die „Steinzeit“ befindet sich hier an ihrer Schwelle zu den Metallzeiten!
Die Überschrift des Artikels aus dem renommierten populärwissenschaftlichen Magazin „Spektrum der Wissenschaft“ zeigt hier einmal mehr, wie gefährlich leicht die Steinzeit als Einheit ohne jede Entwicklung hingestellt werden kann, obwohl sie Millionen Jahre gedauert hat und in die Alt-, Mittel- und Jungsteinzeit gegliedert und noch einmal vielfach untergliedert ist. So aber lassen sich LeserInnen vortrefflich täuschen und derart vereinfacht erscheinen Jahreszahlen tatsächlich nur als „Details“, als unwichtiges Beiwerk.
Die Kategorie „Wechsel von Gleichheit zu Patriarchat“ ist bemerkenswert, weil hier eigentlich das geballte Wissen der Patriarchatsforschung seinen Platz haben müsste. Wir finden hier aber nur vier Links, von denen einer nicht einmal nutzbar ist. Zwei befassen sich mit Aristoteles‘ einschlägigen Werken und ein Artikel vergleicht die Lebensweise von Homo Erectus mit der des Pavians. Das muss nicht weiter kommentiert werden.
Ein Link von 2012 (von zweien neben einem falsch zitierten Buchartikel) unter der Kategorie „Altsteinzeit und Altertum“ liefert einen Kommentar zur Interpretation altsteinzeitlicher Urmutterfigurinen als Pornografie. Interessant ist, dass dieser sehr kritische Kommentar nicht in der zugehörigen Kategorie einsortiert ist, nämlich „Höhlenmalerei und erotische Kunst“, wobei der Name dieser Kategorie genaugenommen ebenfalls irreführend ist. Diese Kategorie ist ein chaotischer Ritt durch alle Zeiten, der aber mit der Altsteinzeit beginnt und mit ihr wieder endet, tatsächlich ein deutliches Vorzeichen auf den Text, in dem die Autorin beinahe die gesamte Kunst der Menschheit, die nackte Frauen abbildet, als Pornografie ansieht und es daher unerheblich ist, wann sie geschaffen wurde (alles nur Details!) und insbesondere in welchem Kontext.

Altsteinzeitliche Kunst als Pornografie

Ich könnte noch mehr bald Ermüdendes über das Literaturverzeichnis sagen, nutze aber lieber die Interpretation altsteinzeitlicher Kunst als Pornografie zum Einstieg in die Kritik des Buches, ist sie doch zentral für das Weltbild der Dr. Meike Stoverock. Die Autorin braucht sie zwingend für ihre These, dass die Männer von Natur aus in Alpha- und Beta-Männer einzuteilen seien, wobei die Beta-Männer unter Triebstau litten, der dadurch entstanden sei, dass sie – als von den Frauen stets Verschmähte – niemals Sex hatten.[2] Schon in der Altsteinzeit hätten diese Incels[3] Wege gesucht, ihren Triebstau abzubauen. Sie hätten sich daher ein Sexpüppchen geformt, das sie liebhatten und überallhin mitnehmen konnten.

„Obwohl die Figuren also Symbole für Fruchtbarkeit und Geburt darstellen sollen, verzichtet man auf alles, was Fortpflanzung, Mutterschaft oder Versorgung anzeigt? Die Theorie von der Übermutter oder auch Göttin erscheint mir wegen dieser Widersprüche einfach nicht plausibel.“[4]

Aber frau muss sich schon mit dem breiten Thema beschäftigen und auch mal so kluge Frauen wie die Archäologin Marija Gimbutas[5] zu Rate ziehen, um das zu verstehen, denn in der Schule erfahren wir darüber nichts und auch nicht im Biologiestudium. Es ist leider so, dass das Patriarchat als Habitat nicht die Voraussetzungen schafft, matrifokales Leben und seine Kunst auf Anhieb plausibel zu finden. Anderenfalls könnten wir uns alle feministische Literatur und die Patriarchatsforschung sparen. Die Incel-Hypothese erinnert dann auch an die Verlautbarungen der Personen um Prof. Conard, dessen Mitarbeiterin Maria Malina die mittlerweile zum Weltkulturerbe gehörende sog. Venus vom Hohle Fels (35.000 bis 40.000 Jahre alt) entdeckt hatte. Die Presse schlachtete das regelrecht aus und zog die Fundsache weiter ins Lächerliche. Die Theorie ist also nicht neu und war schon damals nicht überzeugend: Da das „Sexpüppchen“ die erste Kunst der Menschheit überhaupt ist, müsste sie also mit einem Incel begonnen haben, der die Figur formte, in einer versteckten Höhle ablegte und so vor den eifersüchtigen Blicken der anderen Incels, die zum Püppchenbasteln noch nicht fähig waren, verbarg. Demzufolge müssten Menschen ohne Triebstau auch noch viel länger nicht zur Abbildung einer Frau in der Lage gewesen sein, aber wann sie es dann doch waren, erfahren wir nicht. Die Theorie wirft weitere Fragen auf: Was haben die Incels nur all die Millionen Jahre zuvor getan, als das „Sexpüppchen“ noch nicht erfunden war? Wie erklärt sich die Autorin den Kontext des Fundes? Und warum hat die Autorin nicht auch den angeblichen Steinphallus, den Conard ebenfalls in der Höhle entdeckt haben will, berücksichtigt? Die Abbildung von Penissen verlegt sie nämlich erstaunlicherweise in die Römerzeit:

„Nachdem die Männer viele Jahrtausende lang Höhlen mit Abbildungen der Vulva bemalt haben, bricht nun das Zeitalter des Penis an, in dem sich Darstellungen prächtiger Erektionen auf zahlreichen Gegenständen des täglichen Lebens finden.“[6]

War Conards „Steinpenis“ dann nicht ein Dildo, den sich einsame Frauen bastelten? Aber nein, Frauen waren ja stets bemannt und kannten keinen Triebstau; es hätte die Beweisführung nur gestört. Tatsächlich ist auch diese Deutung dieses Objektes mehr als fragwürdig, wie Gerhard Bott es seinerzeit aufgeschrieben hat.[7]
Wir werden noch sehen, dass Stoverocks Mitgefühl vor allem mit sexuell unterversorgten Männern, aber auch die Angst vor diesem Personenkreis das gesamte Buch durchzieht. Wir sollen der Autorin aber zu Gute halten, dass sie ihre Charakterisierungen stets nach der Gaußschen Glockenkurve vornehme, es also nicht nur schwarz und weiß gibt, sondern die große Masse aus den Zwischentönen besteht.[8]

Die Sesshaftigkeit und die Female Choice

Die Female Choice sei „ein unglaublich zeitraubendes Prinzip“, so sagt sie, weil Männer fast alle Energie in das Finden und Überzeugen von Partnerinnen stecken müssten. Diese Zeit hätten sie später nicht mehr gehabt, weil ihre Kapazitäten in der Landwirtschaft gebunden gewesen seien.[9]

„Vereinfacht gesagt, muss ein Mann besseren Zugang zu Sex (und damit Fortpflanzung) haben, damit er sich überhaupt dem Fortschritt zuwenden kann. Das Prinzip der Female Choice einzuschränken, war daher einer der für die Anfänge der Zivilisation wichtigste Schritt, den Männer am Übergang zur Sesshaftigkeit unternahmen. Die Landwirtschaft und mit ihr die Möglichkeit, Besitz anzuhäufen, gab ihnen ein Mittel, die Ressource Sex fast vollständig zu kontrollieren.“[10]

Was war demzufolge also zuerst da? Der Fortschritt (= Landwirtschaft), der den Zugang zu Sex erleichterte, oder der leichte Zugang zu Sex, der den Fortschritt überhaupt erst ermöglichte? Damit lässt sie uns das gesamte Buch über allein. Aber auf diese Weise setzt Stoverock den Beginn des Patriarchats mit dem Übergang zur Sesshaftigkeit gleich! Ihre These klingt auf den ersten Blick vielleicht sogar plausibel – der Verlag hat es jedenfalls nicht bemerkt – aber sie lässt entscheidende Faktoren außer Acht: Es ist alter Konsens, dass es die Frauen waren, die als Expertinnen für Pflanzen die Landwirtschaft mit Hackbau, anfangs als Gartenbau, und damit die Sesshaftigkeit erfunden haben. Demnach begannen die Männer erst mit der viel späteren Erfindung des Pfluges, auf Feldern zu arbeiten. Dies deckt sich beispielsweise mit den Abbildungen aus Çatal Höyük, wo Männer stets jagend oder – viel seltener – mit Haustier abgebildet sind, während das Getreide durch in Vorratsbehältern abgelegte Frauenstatuetten in weiblichem Kontext steht. Die bekannteste dieser Schutzmutter-Figuren ist die Urmutter auf dem „Leopardenthron“ (Bild unten), eine zwischen zwei Großkatzen sitzende, den Körperformen nach deutlich ältere, nackte gebärende Frau. Aber das sind ja nach Stoverock alles nur „Sexpüppchen“.

Urmutter auf dem 'Leopardenthron' bzw. Gebärstuhl

Insbesondere bleibt Stoverock eine Erklärung schuldig, wie es den ersten Patriarchen gelungen ist, alleine – denn Männer (demnach auch Brüder) standen ihrer These nach immer in aggressiver, sexueller Konkurrenz[11] – große Häuser und bald ganze Siedlungen bauten, um ihrer Meinung nach dort die ersten Frauen in die Ehe zu zwingen. Sesshaftigkeit und Ackerbau als Fallenstellerei von Einzeltätern? In einer Siedlung treffen zudem viele fremde Männer aufeinander, was ihrer Logik zufolge unweigerlich auch Krieg bedeutet hätte. Hier sichert sie sich ab, indem sie behauptet, dass die Männer „durch Maßnahmen der sesshaften Zivilisation zu umgänglichen, verlässlichen Familiengefährten[12] geworden seien, und dass die Landwirtschaft den Männern „das Leben erleichtert und mit Möglichkeiten gefüllt“[13] habe. Und sie kommt zu dem Ergebnis:

„Die Ehe verbessert, mildert ab, lindert die fortschrittsfeindlichen Begleiterscheinungen der männlichen Sexualität.“[14]

Ein erstaunliches Welt- und Männerbild offenbart sich da: Kulturlose, aggressive Wilde, die nur Sex im Kopf haben, aber keine Frau finden, die daher wie aus dem Nichts den Fortschritt, also die Landwirtschaft erfinden und Häuser bauen, um Frauen einzufangen, und dabei ihre Möglichkeiten entdecken und zivilisierte Gefährten der Frauen würden, aber ohne all das gar nicht fähig zur Erfindung der Landwirtschaft wären. Nun, schon jedes Opfer häuslicher Gewalt kann hier Einwände haben. Und es ist allgemein bekannt, was für eine Plackerei die Landwirtschaft ist, so sehr, dass sie sogar in der Genesis als Strafe genannt wird. Die Autorin erliegt vor allem einem Zirkelschluss.
Das Loblied auf die Ehe und den Fortschritt zeugt nicht von Feminismus, sondern von einem fortschrittsgläubigen, konservativen Denken, das der Zeit der Industrialisierung entstammt. Wie sagte doch sogar Albert Einstein: „Es gibt keine großen Entdeckungen und Fortschritte, solange es noch ein unglückliches Kind auf Erden gibt.“ Tatsächlich hat männlich kontrollierter Fortschritt Kinder erst unglücklich gemacht. Daher gibt es u. a. Feminismus.

Die Hypothese hat aber noch einen anderen Haken: zielführender wäre es doch gewesen, gar nicht erst mit dem Ackerbau anzufangen und die Frauen einfach zu rauben. Das hätte viel Arbeit gespart, und es hätte keinen Zeitmangel erzeugt, der die Fallenstellerei dieser Logik zufolge doch erst gerechtfertigt hat. Vor allem: diese aggressiven Männer wären „echte Männer“ geblieben, was doch sicher in ihrem Interesse gelegen hätte, so wie es auch heute ist. Wir werden aber noch sehen, dass diese einfachere Strategie tatsächlich Wirklichkeit geworden ist, jedoch einige tausend Jahre später – sind aber nur Details, gell?

Patrilokalität[15] wird nicht dadurch hergestellt, dass wilde Frauen sesshaft werden wollen, um in der Landwirtschaft ihr Glück bei einem einzelnen Mann zu finden. Das ist vollkommen absurd. Eine freie Frau geht nicht durch ihre Female Choice freiwillig in die Knechtschaft. Auch war Landwirtschaft harte Arbeit, und sie beeindruckte nicht Frauen, sondern die Männer, die die Frauen bei der Arbeit sahen und von ihren Produkten profitierten. Patrilokalität muss durch Gewalt hergestellt werden, und sie ist selbst die Quelle weiterer Gewalt. Dass diese Gewalt von viehnomadischen Kriegern ausging, und nicht von Ackerbauern, konnten die Archäologie und die Genetik längst nachweisen. Zahllose Quellen sind dazu zu finden, die übrigens nur die Patriarchatsforschung zusammengetragen hat, um das in der Fachwelt fehlende Gesamtbild mit der Masse neuer Studien zusammenzusetzen. Diese Quellen zeigen vor allem eins: die Gewalt begann mit Frauenraub, und zwar nicht durch ackerbauende Incels, sondern durch Männer, die Land erobern wollten und verlässliche Helfer rekrutieren mussten, zu denen sie ihre Söhne machten. Erst in Monogamie haben Männer Triebstau erlebt und wurden aggressiv gegen die Frauen, die sich ihnen aufgrund ihrer Female Choice verweigerten. Die Aggression ist, wie wir noch sehen werden, vor allem Folge der patriarchalen kinder- und frauenfeindlichen Lebensführung. Ehemänner sind nicht weniger aggressiv als andere Männer, denn die Female Choice endet nicht an der Haustür. Das aber sagt Stoverock mit ihrer Hypothese aus, auch wenn sie es selbst besser weiß.

Auf geradezu kindliche Weise stellt Stoverock sich vor, wie die Viehzucht entstanden sei:

„Im Laufe der Zeit wird aus dem Verfolgen der Viehherden ein Begleiten und noch etwas später aus dem Begleiten ein Zähmen. Die Menschen leben jetzt als Pastoralnomaden, was bedeutet, dass sie mit zahmen Viehherden auf der Suche nach natürlichen Weidegründen umherziehen. Doch erst als es gelingt, dass auch Nahrungspflanzen für die Rinder und Ziegen anzubauen, sind die Umstände geschaffen, dauerhaft an einem Ort zu bleiben und sesshaft zu werden. Erste Anzeichen für Ackerbau finden sich zwar ab 10.000 v. Chr., aber bis die Bewirtschaftung der Felder ganzjährig gelingt, um daraus den vollständigen Nahrungsbedarf der Menschen und ihrer Nutztiere zu decken, dauert es eine ganze Weile.“[16]

Sie behauptet hier nun unvermittelt, dass die Viehzucht und nicht der Ackerbau zur Sesshaftwerdung führte, und zwar um die Herden zu ernähren, eine totale Umkehr jeder Logik. Sie vermischt dabei das von ihr fragmentierte Wissen der Patriarchatsforschung, nach der das Patriarchat mit der Viehzucht begann, mit der Theorie der sog. Neolithischen Revolution (NR). Sie ignoriert dabei die Chronologie der NR – sind ja alles „nur Details“ -, nach der Wildbeuterinnen zunächst zum Anbau von Getreide übergingen – und zwar lange bevor Männer begannen, Tiere zu zähmen. Die Menschen wurden also über ihre Mütter sesshaft, und erst nachdem Jagdwild aufgrund eines Klimawandels zurückging, wurden auch erste Tiere gehalten. Der bislang älteste Getreidespeicher ist ca. 11.300 Jahre alt und wurde in Dhra‘ (Jordanien) gefunden[17], ein Ort, der im Gebiet des sog. Fruchtbaren Halbmondes liegt. Die Grabung brachte mehrere Gebäudestrukturen zutage, die auch als Wohngebäude anzusprechen sind. Es gibt dort keine Anzeichen von Viehhaltung oder Viehzucht, weshalb auch davon gesprochen wird, dass eine „Jäger-Sammlergesellschaft“ dort sesshaft wurde und nicht Viehzüchter.
Dies deckt sich wiederum mit den Funden aus Çatal Höyük, wo nur die Jagd und die Haltung einzelner Tiere aber keine Tierzucht nachgewiesen werden kann, und zwar mit den Methoden der Genetik, die allenfalls die Spuren erster Domestizierung (Einpferchung) findet. Natürlich wurden diese Tiere gefüttert, aber nicht mit dem kostbaren Getreide, sondern mit Stroh, Speiseresten und dem Gras, das im Flusstal rund um Çatal Höyük reichlich vorhanden war und die natürliche Ernährung dieser Tierarten ist.

Die Kultur ist maßgeblich das Ergebnis mütterlicher Arbeit und hat unter Matrifokalität ein vergleichsweise hohes Maß erreicht. Fast alle wichtigen Erfindungen wurden aus der Matrifokalität heraus von Frauen gemacht. Als Männer die Sache gewaltsam übernahmen, entwickelte sich der Segen zunehmend zum Fluch, und das mit einer sehr starken Dynamik. Das könnte ein Hinweis für die Richtigkeit obiger Behauptung sein, aber dass die männliche Technologie durch mehr Sex für Incels entstand, besser werde oder gar erst zum Guten wendet, daran müssen wir leider erhebliche Zweifel haben, denn die wesentliche Technologie, mit der das Patriarchat entstand, war die Tierzucht, also die Unterwerfung der Female Choice der Tiere.

Die Maslowsche Bedürfnispyramide

Stoverock glaubt fest an die natürliche Hierarchie unter Männern, die „für fast alle männlichen Säugetiere die natürliche Lebensweise[18] sei. Dabei trifft sie leider keine Aussage, ob die Männer einer Hierarchie miteinander verwandt sind oder Fremde. Es erschiene ihnen aber „so selbstverständlich, Hierarchien zu bilden, dass ihnen andere Lebensweisen auch dann nicht in den Sinn kommen, wenn sie selbst die Schlusslichter der Hierarchie sind.[19] Die These ist nicht ohne Reiz, wenn wir sie z. B. an Fußballclubs und ihren Ultras überprüfen; wir befinden uns da aber im Patriarchat, das von seinen Hierarchien lebt. An anderer Stelle zitiert sie John Steinbeck: „Die ausgebeuteten Arbeiter sehen sich nicht als ausgebeutete Arbeiter, sondern als vorübergehend in die Klemme geratene Kapitalisten.[20] Steinbeck beschrieb hier die amerikanische Gesellschaft und zeichnete dabei ein Bild, das heute die SPD abgibt, und das ist nicht unsere Natur, sondern das Patriarchat einer satten, demokratischen, neoliberalen Wohlfahrtsgesellschaft, die um der Teilhabe an der Macht willen alles mitspielt, aber keine neuen Impulse mehr setzen kann.
Angst macht ihr insbesondere die Gruppe der aggressiven, organisierten Incels.
Stoverock untermauert ihre Behauptung mit der sog. Maslowschen Bedürfnispyramide[21], ein psychologisches Denkmodell, das in letzter Zeit in den Sozialen Medien regelrecht Karriere gemacht hat und das sie deshalb als allgemein bekannt voraussetzen kann.

Einfache Bedürfnishierarchie nach Maslow

Das Denkmodell stammt jedoch aus den Neunzehnhundertvierziger Jahren und wurde vom Autor und seinen Nachfolgern auch weiterentwickelt. Es gilt in der Soziologie aber zurecht als veraltet. Das Wiederaufleben dieser Theorie gerade in diesen Zeiten ist daher bemerkenswert und Stoverock tut so, als handele es sich um einen soziologischen Standard.
Ich beschreibe kurz, worum es geht: Die Pyramide geht von hierarchischen Bedürfnissen in 5 Stufen aus. Die unterste Stufe 1 enthält die physiologischen Bedürfnisse wie Hunger, Durst, Schlaf und Sexualität. Stufe 2 enthält die Sicherheitsbedürfnisse mit Geborgenheit und Schutz, Stufe 3 steht für die sozialen Bedürfnisse wie Zugehörigkeitsgefühl und Freundschaft, Stufe 4 meint die Wertschätzung mit dem Bedürfnis nach Anerkennung und Status und Stufe 5 ganz oben steht für die Selbstverwirklichung mit der Entfaltung der Persönlichkeit.
Die Form der Pyramide wurde allerdings nicht von Maslow selbst gewählt, sondern geht auf eine Falschinterpretation seiner Nachfolger zurück, und u. a. darin liegt die Schwäche des Modells. Stoverocks einzige Kritik ist:

„Das Problem ist, dass das Bedürfnismodell von einer gewissen Gleichheit der Menschen ausgeht. Doch die Bedürfnisse der Menschen und besonders diejenigen von Männern und Frauen stehen nicht an gleicher Stelle in der Pyramide.“[22]

Ja, die Menschen sind verschieden, aber da wäre noch mehr: Die Pyramide bildet die Bedürfnisse des von seinen Urbedürfnissen abgeschnittenen Menschen im Patriarchat ab und nicht die Lebenswirklichkeit der Urmenschen. Sie unterscheidet nicht zwischen natürlicher und kultureller Evolution, die genaugenommen auch keine Stufen kennt, sondern nur Zeit und Raum. Wenn wir das Wesen der Female Choice und ihre Wirkung erfassen wollen, müssen wir in der Zeit sehr weit hinter die Landwirtschaft zurückgehen und da ist immer weniger Kultur.

Anerkennung und Status (Stufe 4) gehören dann nicht zu den menschlichen Urbedürfnissen, sie sind eine später kulturell erworbene Größe, und zwar des Patriarchats, und haben unter der über 3 Millionen Jahre alten Matrifokalität keine bewusste Bedeutung. Denn im Sozialverband der mütterlichen Sippe erhalten alle Kinder die gleiche Anerkennung und wachsen derart gestärkt mit ihren spezifischen Talenten in die Sippe hinein. Nicht durch Rangkämpfe, sondern aufgrund von besonderen Fähigkeiten erlangen sie auch besondere Autorität auf ihren Spezialgebieten. Autorität ist aber kein explizites Lebensziel, kein Bedürfnis, sondern hat Gruppenfunktion, und sie entsteht im Gegensatz zur Hierarchie im Miteinander, nicht im Gegeneinander, und wird daher nicht mit Gewalt hergestellt und erhalten.
Wer Verantwortung trägt, hat auch mehr Arbeit und bekanntlich sind Menschen „faul“. Wer talentiert ist, empfindet die entsprechende Arbeit jedoch nicht als belastend oder als Privileg, sondern als Befriedigung des Bedürfnisses nach Selbstentfaltung. Das ist aber auch nicht so egoistisch wie es aussieht, sondern es dient wiederum der Gruppe. Die Gruppe wird jemanden zurückpfeifen, der daraus irgendwelche besonderen Vorteile ableiten würde oder der Gruppe schaden würde. Das angeborene Gefühl des Neides, eng verwandt mit dem Gerechtigkeitsgefühl, dient dieser Kontrolle und dem Schutz der Egalität, deren Wesen die Abwesenheit von Hierarchie ist. Neid ist das Gefühl der Hilflosigkeit, Gerechtigkeit herzustellen und Hierarchien aufzulösen, und ist daher im Patriarchat geächtet und doch an der Tagesordnung. Neid ist aber auch ein Antrieb des Patriarchats, der Motor des Wettbewerbes und wird daher geschürt. Männer, die dagegen wie selbstverständlich Hierarchien anzuerkennen scheinen, sehen für sich keine Vorteile, da oben zu stehen, sondern Vorteile, am Erfolg teilhaben zu können. Sie wissen, dass man da unten weniger Verantwortung tragen muss und im Grunde mehr Spaß hat, weil da einfach mehr nette Leute sind. Männer können sich zudem damit begnügen, ihr vom Patriarchat geschaffenes Machtbedürfnis an den ihnen nahestehenden Frauen und Kindern auszuleben. Im Grunde sind sie Rosinenpicker, sie genießen die Vorteile von Patriarchat UND können ihre angeborenen Urbedürfnisse weitgehend ausleben.
Die Stufe 4 der Bedürfnispyramide (Anerkennung und Status) ist Ergebnis der typisch patriarchalen Bedürfnisschaffung, mit der die Hierarchie sich selbst legitimiert. Sie verschmilzt daher meist mit Stufe 5, denn im hohen Status fühlen sich Patriarchen selbstverwirklicht.

Die Bedürfnispyramide als Ganzes ist an einem erwachsenen Einzelkämpfer orientiert, der sich aggressiv durchs Leben schlagen muss und dem nichts geschenkt wird:

„Die Aggressivität, mit der Menschen um die Erfüllung eines Bedürfnisses kämpfen, hängt von seiner Position in der Pyramide ab und damit seiner Notwendigkeit ab.“[23]

Das suggeriert also: Ein Mensch (oder gleich „Mann“?), der Hunger und keinen Sex hat, wird ums Essen heftig kämpfen – sonst stirbt er – und eine Frau vergewaltigen – sonst stirbt er aus (Stufe 1). Da er sich nicht sicher und geborgen fühlt (Stufe 2), muss er kämpfen. Weil er einsam ist, muss er um Freunde kämpfen (Stufe 3), aber bitte nicht zu heftig. Weil er keine Anerkennung hat (Stufe 4), kann er zwar irgendwie leben, aber er wird dennoch darum kämpfen, aber nicht mehr so heftig. Und es müsste schon viel passieren, dass er sich aufrafft, um um die Entfaltung seiner Persönlichkeit zu kämpfen (Stufe 5).
Damit wäre es erstaunlich, dass ein solch aggressiver Loser überhaupt eine Frau und Freunde gefunden hat und dann auch noch zu Kultur fähig wurde. Und weil Stoverock das offenbar auch findet, meint sie, mit Sex müsste frau den Männern auch noch Beine machen. Das ist so hanebüchen wie falsch.

Stoverocks Theorie baut auf tönernen Füßen, auf Hypothesen, die nicht in den tatsächlichen Funden und Befunden gespiegelt sind. Sie baut vor allem auf einem grundsätzlichen Unverständnis der Matrifokalität, die bei Homo Sapiens durch die Female Choice in einem wechselseitigen Prozess hergestellt und bewahrt wird. Die Bedürfnispyramide fällt nämlich unter egalitären Bedingungen in sich zusammen.
So ist der Autorin leider nicht aufgefallen, dass die Reihenfolge der Stufen falsch ist und den Menschen nicht zuerst als soziales Wesen darstellt. Wir erinnern uns, Stufe 2 enthält die Sicherheitsbedürfnisse mit Geborgenheit und Schutz, Stufe 3 erst steht für die sozialen Bedürfnisse wie Zugehörigkeitsgefühl und Freundschaft. Aber es ist anders. Der Mensch – und schon gar nicht der Mann – entsteht nicht durch Selbsterzeugung, auch wenn die Genesis das behauptet. Das Kind wird geboren und die Mutter und ihre Angehörigen sind schon da. Ohne diese Voraussetzung würde ein Kind von Tieren gefressen (Stufe 2), noch bevor es irgendetwas zu sich genommen hätte (Stufe1). Dass ein Kind anerkannt wird (Stufe 4), äußert sich darin, dass es Geborgenheit und Schutz erfährt (Stufe 2), und zwar durch seine Angehörigen (Stufe 3) und schließlich, dass es von ihnen etwas zu essen bekommt (Stufe 1)! Stufe 2, 3 und 4 sind untrennbar und gehören an die Basis. Es ist das Wesen des menschlichen Sozialverbandes, dass die Basis nicht das Essen, sondern die Geburt des Menschenkindes in die Gemeinschaft ist, wo es lebenslang aufgehoben ist. Wäre es nicht von den Angehörigen anerkannt und beschützt, dann stürbe es, daher ist das Zugehörigkeitsgefühl der stärkste Trieb und nicht die Sexualität. Das Zugehörigkeitsgefühl ist den Menschen in die Wiege gelegt und wirkt von Beginn an, während die Sexualität viel später erst Bedeutung bekommt, so wie sie auch erst spät in der Evolution aufgetaucht ist. Ohne die Gemeinschaft würde auch eine erwachsene Person nicht lange überleben. Alles, was die Zugehörigkeit infrage stellt, macht Menschen existentielle Angst, nicht aber ein Mangel an Sexualität. Erst in der Isolierung der Menschen im Patriarchat wird Anerkennung zu einem Wert, und dabei sogleich zu einem Fetisch, der sogar noch über dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit stehen kann. Die Sexualität ist erst im Patriarchat an die nackte Existenz, an das Aufgehoben sein in eine Familie und damit auch wirtschaftliches Auskommen gekoppelt, und das macht sie dann so wichtig.

Die Bedürfnispyramide braucht Stoverock für ihre Behauptung, dass Männer freien Zugang zu Sex brauchen, um den Fortschritt überhaupt vorantreiben zu können[24] und sie liebt den Fortschritt und die Segnungen des Patriarchats. Die Female Choice, so glaubt sie, mache es Männern schwer, ihr Sex-Bedürfnis zu leben. Und deshalb hat sie Angst vor sich selbst als Frau, Feministin und Evolutionsbiologin:

„Ich plädiere folglich nicht für eine Rückkehr zum Female-Choice-Prinzip in seiner Reinform. Denn Fortschritt, friedliches Zusammenleben und hohe Sexualkonkurrenz schließen sich ab einem gewissen Grad aus. Die Unterdrückung der weiblichen Sexualität hat unsere Zivilisation erst entstehen lassen. Es besteht deshalb die Gefahr, dass uns alle zivilisatorischen Errungenschaften um die Ohren fliegen, wenn wir die Unterdrückung ohne zusätzliche Sicherheitsnetze aufheben.“[25]

Es ist erstaunlich: da wird es der Menschheit gerade erst bewusst, wohin uns „die Zivilisation“ gebracht hat, nämlich an den Rand des Abgrundes, da feiert Frau Dr. Stoverock das Patriarchat und seine Errungenschaften, weil sie glaubt, dass es ohne Patriarchat mehr Krieg und Gewalt gäbe, wir dazu in großer Kulturlosigkeit unser Leben fristen müssten, ja die Abschaffung des Patriarchats uns in den Abgrund triebe. Das ist schon ein krasser Fall des Kollektiven Stockholm-Syndroms (nach Stephanie Gogolin), das Menschen dazu bringt, mit dem System zu kooperieren!

Würde die Behauptung stimmen, wäre die Kultur quasi ein Nebenprodukt der Fortpflanzung, das Baby des gebärenden Mannes. Das lässt eine Patriarchatsforscherin, die sich mit dem männlichen Gebärneid auskennt, aufmerken, z.B. mich. Männer werden einen solchen Zusammenhang sicher überraschend finden. Und auch ganz normale Frauen wissen: So mancher Heimwerker hat über seiner Tüftelei seine Frau völlig vergessen, die Anerkennung im Bastelclub war ihm wichtiger.
Was treibt Stoverock an? Nur die Verkaufszahlen ihres Buches? Oder will sie den Männern Sex liefern, damit sie Erfindungen machen? Dann würde sie sich einreihen in die Phalanx der Antreiber, Sklavenhalter und Kapitalisten, den Befürwortern der Leistungsgesellschaft, den Neoliberalen.

Es ist natürlich richtig, dass Menschen im Patriarchat weniger um Anerkennung kämpfen würden als um Nahrung, wenn von Letzterer nicht genug vorhanden wäre. Die Methode „Brot und Spiele“ – also „Nahrung“ und „Gemeinschaftsgefühl“ – zur Herstellung von Ruhe im Staat und der Sicherung der Macht würde aber nicht funktionieren, wären satte und lustige Menschen automatisch auch mehr an Wertschätzung, also Status und Anerkennung interessiert. Zwar identifizieren sich beispielsweise Fußballfans mit ihrer siegreichen Mannschaft, halten aber auch zu ihr, wenn sie verliert. Sie wünschen sich, dass sie gewinnt und fühlen sich als Gewinner, aber es steht nicht der persönliche Status im Vordergrund, sondern das Gruppenerlebnis.

Weil wir davon ausgehen können, dass Menschen in vorpatriarchaler Zeit mit sich selbst eins waren, nicht unterdrückt wurden und schon kleine Kinder eine maximale Bedürfnisbefriedigung erleben durften, illustriert diese Pyramide vor allem die Bedürftigkeit der Menschen im Patriarchat, und in der Tat, vor allem des patriarchalen Mannes. Es ist ja schon ein Grundbedürfnis des Patriarchen, alles in Hierarchien zu ordnen, im Grunde die Stufe 0 der Pyramide, der geistige Boden, auf dem sie wächst. Es ist das Körperlose oder sagen wir, die göttliche Ordnung, die die Basis der patriarchalen Ideologie ist. In der göttlichen Hierarchie der Könige steht Gott an oberster Stelle, weil sich dort der König befindet, der sich mit Gott gleichsetzt, sozusagen seine „Selbstverwirklichung“. Damit ist verschleiert, dass auch die Menschen ganz unten fest auf dem geistigen Boden des Patriarchats stehen und es nicht nur unfreiwillig stützen, sondern selbst Täter sind. „Mutter Erde“ als ursprüngliche Einheit von Körper und Geist ist gewaltsam besetzt.
Die Patriarchen dieser Welt beweisen: da ganz oben wird die Gier und Aggressivität immer größer, ja sogar Atombomben kommen zum Einsatz. Die da unten reagieren ihren Frust mit der Faust oder ihrem Geschlechtsteil an anderen ab, ohne dass sie damit etwas Substantielles erreichen würden.

Gewalt und Sex

Die Hierarchie ist nicht egalitär wie es die urmenschlichen Bedürfnisse aber sind. Sie widerspricht dem angeborenen Gerechtigkeitsempfinden. Stoverocks Liebe zur Hierarchie gipfelt in der biologistischen Erklärung für Vergewaltigung, die beinahe einer Entschuldigung gleich kommt. Gewalt sei eine Lösung[26], wenn Männer die ihnen zustehende Anerkennung und damit Sex nicht bekommen. Da ist die Natur offenbar selbst Schuld, wenn Frauen Gewalt angetan wird!

„Das Geschlecht, dessen Reproduktionsstrategie Rücksichtslosigkeit und Aggressivität beinhaltet, steht in der Natur einem Fortpflanzungssystem gegenüber, in dem sein Paarungstrieb kaum befriedigt wird. Man muss kein Genie sein, um vorauszusehen, dass das früher oder später zu Problemen führt.“[27]

Ihre Aussage untermauert sie mit ethnologischen Untersuchungen an den „Buschleuten“ der Kalahari, die diese Probleme gemeistert zu haben scheinen:

„Bei den San ist die Gruppe ein wichtiges Regulativ. Gewalttätige Auseinandersetzungen oder Misshandlungen von Schwächeren werden in der Regel durch die Gruppe unterbunden. Daran ändert sich erst nach der Erfindung der Landwirtschaft etwas.“[28]

Das alles ruft nicht nur meine Empörung hervor, es ist auch falsch. Gewalt ist im menschlichen Sozialverhalten nicht als angeborenes sexuelles Verhalten verankert, sie widerspricht der freien Female Choice, die einen so hohen Stellenwert in der Evolution hat, ja ihr Grundprinzip ist, dass es „verlorene Liebesmüh“ wäre, dagegen anzukämpfen. Daher ist Gewalt auch allgemein unerwünscht, und nicht eine Frau wird durch Vergewaltigung von den „Fähigkeiten“ eines Mannes überzeugt!
Eine matrifokale Sippe unterbindet nicht ständig aktiv Gewalt, sondern liefert erst gar keinen Nährboden für Gewalt, weil sexuelle Frustration nicht regelhaft ist, wie Stoverock das postuliert. Im Gegenteil, erst die erzwungene Monogamie der Frau entzieht sie dem Pool potentieller Sex-Partnerinnen. Mehr freie Frauen bedeutet insbesondere für „Beta-Männer“ mehr Gelegenheiten. Bei den San ist die Matrifokalität schon durch den Einfluss von Missionaren (mit den vielsagenden Titeln „Pastor“, „Hirte“) aufgeweicht, so dass die Vaterschaft und damit die Partnerschaft zwischen Mann und Frau Bedeutung bekommen hat. Es leben also auch fremde Männer mit in der Gruppe, die jetzt regelmäßig einschreiten muss, wenn sie aneinandergeraten. Das weiß und bemerkt Stoverock nicht, denn sie schreibt ja ausdrücklich, dass das Patriarchat erst mit der Erfindung der Landwirtschaft aufkäme. Aber sie liefert sich die Begründung dafür, dass Männern geholfen werden müsse, damit es keine Gewalt gibt.

Ihre ganze Sorge gilt nicht den Frauen, deren Sexualität im Patriarchat fast auf den Nullpunkt gedrückt wird, sondern den Männern, die keine Frau finden, und zwar nicht nur im Patriarchat des Hier und Jetzt, sondern angeblich auch schon in der Urzeit:

„Man mag sich fragen, wer sich diesen dysfunktionalen Mist ausgedacht hat, und wie er sich so sehr ausbreiten konnte. Der Grund dafür liegt darin, dass kein anderer Mechanismus der Evolution so antriebt wie das strenge Aussiebungsverfahren der Weibchen. Der Kampf um ihre kostbaren Eizellen erzeugt einen so hohen Selektionsdruck auf die Männchen, dass er letztlich die Gene hervorbringt, die eine Population widerstandfähig und flexibel machen. Und das so effizient, dass es im Lauf der Jahrmillionen keinen Grund gab, etwas daran zu ändern, auch wenn ein Großteil der Männchen frustriert und kinderlos stirbt. Female Choice und speziell der Sexuelle Konflikt mögen klingen wie die Idee eines verrückten Erfinders, sind aber das stabilste und am weitesten verbreitete Fortpflanzungsmodell überhaupt.“[29]

An dieser Stelle wäre ein kleiner Hinweis, dass die Evolution absichtslos ist, schon sinnvoll gewesen. Die Vermenschlichung der Evolution grenzte tatsächlich fast schon an eine Verschwörungstheorie, wäre die Autorin nicht einfach von einem naiven, aber fehlgeleiteten Gerechtigkeitsgefühl getrieben.
Für die evolutionären Vorgänge spielt es keine Rolle, ob sich ein bestimmtes Männchen fortpflanzt, sie gehen trotzdem weiter. Woher will Stoverock auch wissen, dass alle Männchen traurig sind, wenn sie kinderlos sterben? Derartige Gefühle können nur entstehen, wenn im ersten Schritt Väter wissen können, dass sie Vater werden können und sich im zweiten Schritt sicher sein können, dass sie Vater geworden sind oder nicht. Sie müssen im dritten Schritt ein Gefühl für ihre Lebensspanne haben, um ermessen zu können, dass sie keine Kinder mehr haben werden. Im vierten Schritt müssen sie an ihre Vaterschaft einen Wert knüpfen.
Sicher ist doch nur, dass Männchen hartnäckig sind und es so lange probieren, sich fortzupflanzen, bis sie sterben. Diese „Hoffnung“ geben sie nie auf, ohne dass es sich wie Hoffnung anfühlen muss. Auch ob sexuelle Frustration sozusagen zum Alltag von Männchen gehört, darf bezweifelt werden, auch wenn es sicher häufig vorkommt, dass sie warten müssen, bis sie dran sind. Offenbar hat es sie Millionen von Jahren eben NICHT gestört! Eine starke Frustration könnte zu Aggression gegen die Weibchen führen, ja. Aber dennoch sind männliche Tiere nur selten aggressiv gegen Weibchen. Dass männliche Tiere weibliche hassen, ist sowieso völlig undenkbar. Wir müssen sogar davon ausgehen, dass es der Mensch selbst ist, der solche Beobachtungen erst ermöglicht: durch die Zerstörung und Eingrenzung der natürlichen Habitate, durch Ermordung der erfahrenen Tiere einer Gruppe und letztlich durch Projektion.

Wie jedes Gefühl ist auch das Gefühl der Frustration evolutionär über Hormone gesteuert, so dass es denkbar ist, dass „Beta-Männchen“ sozusagen hormonell gedimmt werden. Bei vielen Arten tun sich Jungmännchen zusammen, ohne aggressiv gegen Weibchen vorzugehen. Das muss noch genauer erforscht werden. Und ist es nicht das Patriarchat selbst, das „Beta-Männer“ kleiner redet als sie sind? Wird das weibliche Interesse an ihnen nicht auch gebremst, weil Incels sich selbst unattraktiv machen, durch ihr Gehabe, ihre Uniformen und ihre Sprüche? Haben Eltern im Patriarchat der westlichen Gegenwart, wo nicht mehr Patrilokalität, sondern Neolokalität gelebt wird, nicht sogar ein Interesse daran, dass ihre Kinder Incels sind, weil sie sie dann nicht im Alter alleine lassen? Ist es nicht so, dass Eltern ihre Kinder zu Incels machen, indem sie ihnen eine verklemmte Sexualmoral anerziehen? Ist es nicht sogar auch so, dass es deshalb auch viele weibliche Incels gibt, um die sich keine selbsternannte Feministin sorgt?

Der Genetische Flaschenhals der Jungsteinzeit

Stoverock liefert konkrete Zahlen für das Ausmaß angeblicher männlicher Benachteiligung durch die Female Choice:

„Eine grobe Faustregel besagt, dass 80% der geschlechtsreifen Weibchen nur 20% der Männchen ranlassen – dass also 80% der Männchen für Sex mit ihnen nicht in Frage kommen. Die müssen sich um die verbliebenen 20% der Weibchen prügeln. … Genetische Untersuchungen lassen darauf schließen, dass es bei unseren menschlichen Ahnen nicht anders war: Die heutige Weltbevölkerung hat ungefähr doppelt so viele weibliche wie männliche Vorfahren, in präkulturellen Zeiten haben sich also ungefähr 70% der Frauen mit 35% der Männer gepaart…. Das Verhältnis von 2:1 zugunsten der Frauen verschärfte sich nach der Erfindung der Landwirtschaft sogar noch auf unglaubliche 17:1.“[30]

An anderer Stelle bläht sie den Wert noch einmal auf:

„Denn das verschiebt sich nach der Entstehung der Landwirtschaft bis auf ein erbarmungsloses 95:5. Die Frauen wählen am Übergang zur Sesshaftigkeit nur noch eine verschwindend geringe Zahl der Männer als Partner aus. Ein internationales Forscherteam konnte 2015 anhand genetischer Studien nachweisen, dass … sich nur noch ein Bruchteil der Männer fortpflanzte.“[31]

Sie suggeriert damit, dass es plötzlich eine ungeheure Menge an Incels gegeben haben muss, ein perfides Argument, das gar nicht so leicht zu durchschauen ist. Denn die Zahlen geben zunächst überhaupt nicht her, ob diese gigantische Abweichung tatsächlich auf wenige, alles absahnende Alpha-Männer zurückgeht, also auf viel mehr Incels hinweist, oder darauf, dass die Zahl der Männer stark zurückging. Angesichts des Wesens der Female Choice, nach der eine Frau viele Männer haben will und eben nicht nur ein einziges Alpha-Männchen, kann so oder so nicht davon die Rede sein, dass sich die Lage zugunsten der Frau entwickelte!

Wir müssen angesichts ihrer Behauptung noch einmal zur Entstehung der Landwirtschaft zurück. Wir erinnern uns, Stoverock behauptet, dass die Erfindung der Sesshaftigkeit und Landwirtschaft durch Männer die Ursache allen Übels, aber zugleich ein viel größerer Segen sei, und daher verlegt sie den Beginn des Patriarchats auf die Zeit „vor über 10.000 Jahren“. Es handelt sich bei den von ihr benutzten Zahlen um nicht weniger als die Entdeckung des sog. Genetischen Flaschenhalses durch die GenetikerInnen Karmin et al. im Jahre 2015[32]. Es wird sich aber nicht nur zeigen, dass Frau Dr. Stoverock den Beginn des Patriarchats mal eben um mindestens 3000 Jahre verschoben hat, sondern auch, dass die Zahlen für ihre Incel-These unbrauchbar sind, und sie eine wesentliche, weiterführende Studie dazu ignoriert hat.

Genetischer Flaschenhals nach Karmin et al. 2015
Bildquelle: Karmin et al. 2015

Die Abbildung des Genetischen Flaschenhalses zeigt einen starken Abfall und Wiederanstieg der Vielfalt des Y-Chromosoms über einen Zeitraum von ca. 5000 Jahren (im Bild links), während die Mitochondrien-DNA (mtDNA, im Bild rechts) keinen nennenswerten Einbruch erfährt.[33] Tatsächlich scheinen die Zahlen mit der Erfindung der Sesshaftigkeit und Landwirtschaft zu korrelieren.
Schauen wir uns diese Studie, deren Diskussion der Ergebnisse und später auch die wichtige Rezeption durch die Genetiker Zeng et al. genauer an: In den Anhängen finden wir ein PDF (dort Seite 4), das die Gesamtansicht regional aufgespaltet zeigt, und daher deutlicher ist: Wir sehen, dass die Y-Kurve im Kernland der Neolithisierung, dem Fruchtbaren Halbmond im Nahen Osten, ganz langsam 11.300 Jahre vor heute zu sinken beginnt, zu der Zeit, wo im jordanischen Dhra‘ schon so viel Getreide angebaut wurde, dass ein ganzer Speicher gefüllt werden konnte, was bedeutet, dass die Sesshaftigkeit und Landwirtschaft viel noch früher eingesetzt haben müsste. Seinen Tiefpunkt erreicht der Flaschenhals ca. 3-4000 Jahre später. Von da an geht es sprunghaft wieder aufwärts, was ganz deutlich zeigt, dass auch da etwas Gravierendes passiert sein muss, aber das ignoriert Stoverock. Auch in Europa gibt es diesen Flaschenhals mit seinem steilen Wiederanstieg, jedoch deutlich später. Die Vielfalt der mtDNA steigt dem gegenüber vielerorts schon vor über 20.000 Jahren weltweit an, wofür die höhere Mutationsrate der mtDNA verantwortlich gemacht werden kann. Die Zahlen zeigen insgesamt nicht nur die Veränderungen der Vielfalt der Geschlechtschromosomen, sondern auch die Bevölkerungsentwicklung mit ihrem starken Zuwachs nach Überwindung des Flaschenhalses, denn in jüngerer Zeit explodiert auch die Vielfalt der mtDNA.
Die AutorInnen halten die Natürliche Selektion als Ursache für den Abfall für unwahrscheinlich, da das gefundene Muster nicht auf einen einzelnen oder einige wenige Haplotypen beschränkt zu sein scheint, stattdessen sei sie auf einen geringeren Fortpflanzungserfolg in Rahmen eines kulturellen Wandels zurückzuführen.
In einem populärwissenschaftlichen Online-Magazin äußern sich zwei Mitglieder des Studien-Teams zu ihren Vermutungen, was die Zahlen ausdrücken. Demnach wären die Männer nicht alle gestorben, sondern einige wenige Männer hätten Reichtum angehäuft und auf ihre Söhne vererbt und dadurch den Reproduktionserfolg ihrer Patrilinie gesteigert.[34] Dem folgt Stoverock in ihrer Argumentation blind. Aber die MacherInnen der Studie haben sich nicht mit den grundsätzlichen Problemen bei der Interpretation solcher Zahlen beschäftigt, sondern lediglich spekuliert!
In einer zweiten Studie im Jahre 2018 haben sich Zeng et al. diese 2015 gewonnen Daten noch einmal vorgenommen und gezeigt, wie schwer es ist, von solchen Zahlen auf tatsächliche Vorgänge zu schließen. Es mussten komplexe mathematische Modelle aufgesetzt werden, um sie näherungsweise richtig zu deuten. Sie führten den modellgestützten Nachweis, dass Krieg zwischen neuen Patrilinien die Ursache für den Flaschenhals sein müsste:

„Here, bringing together anthropological theory, recent population genomic studies and mathematical models, we propose a sociocultural hypothesis, involving the formation of patrilineal kin groups and intergroup competition among these groups.“[35]

Zeng et al. widersprechen Karmin et al. entschieden und erklären mit ihrer Studie, dass die Zahlen tatsächlich nur mit einer deutlich gesunkenen Anzahl der Männer, also mit ihrem Tod, erklärbar sind. Ihr wichtigstes Argument: Wenn soziale Unterschiede einen Rückgang der Y-Varianz erklären, warum steigt die tatsächliche Y-Varianz in genau dem Moment wieder an, als soziale Unterschiede überhaupt erst archäologisch greifbar werden? Zudem gehen die Mitochondrien der überlebenden Frauen in Westeurasien überwiegend auf eingewanderte Neolithikerinnen zurück, das heißt, dass die Y-Varianz schon lange vor der Einwanderung nach Europa abgenommen haben müsste und nicht erst am Zielort. Selbst die Ethnologie kann, wie die Autoren es anführen, nicht feststellen, dass regelmäßig ein Mann 17 Frauen monopolisiert.

Die Interpretation durch Zeng et al. wird von der Patriarchatsforschung um weitere Faktoren ergänzt: Der Tiefpunkt fällt mit dem Klimaereignis der sog. Misox-Schwankung zusammen, dem Zeitpunkt, wo die Steppe erstmals von Viehzüchtern besiedelt wird. Die wenigen überlebenden Männer verließen die Heimat zusammen mit den Tieren und begannen in der Steppe das Patriarchat zu errichten. Sprachwissenschaftlich und genetisch nachgewiesen vermischten sich dabei die Gene der Indigenen der Steppe und Waldsteppe mit denen der ausgewanderten Anatolier. Zudem kämpften nicht nur Patrilinien gegeneinander, sondern Patrilinien rotteten die indigenen, matrifokalen Männer aus, und weitere Effekte können hinzutreten wie Mangelernährung und Hunger einseitig durch Getreide und Missernten, Nahrungsraub oder die Schwerarbeit der Frauen, die zu Fehlgeburten und einer hohen Säuglingssterblichkeit bei den männlichen Kindern geführt haben kann. Ein insgesamt multifaktorielles Geschehen führte zu diesen Zahlen.

Statt dass Männer immer weniger Sex hatten, ist das Gegenteil der Fall: die Frauen hatten kaum noch Auswahl. Stoverock möchte aber, dass es den besitzenden Alpha-Mann gibt, auf den sich alle Frauen stürzen, weshalb es dann gigantisch viele Incels geben müsste. Sie geht sogar davon aus, dass im landwirtschaftlichen Patriarchat, also in der beginnenden Zivilisation nach ihrer Definition, die Female Choice noch einmal an Dynamik zugelegt hätte und dabei übers Ziel hinausschoss! Das ist wirklich mehr als erstaunlich, das ist absurd! Denn sie behauptet ja auch, dass der Mann erst durch die Einschränkung der Female Choice „zivilisiert“ worden sei und begann am Fortschritt zu arbeiten:

„Die prähistorische Kunst gibt einen Hinweis darauf, dass sich in den Männern ein ganz neues Bedürfnis zu regen beginnt. Ein Impuls, der die Strukturen der künftigen Zivilisation stark prägen wird: Der Wunsch, die Kontrolle über die weibliche Sexualität zu erlangen. Doch als Nomaden haben Männer weder Möglichkeiten noch Kapazitäten, sich der weiblichen Sexualität zu bemächtigen. … Im Laufe der Zeit wird aus dem Verfolgen der Viehherden ein Begleiten … ein Zähmen … als es gelingt auch Nahrungspflanzen für die Rinder und Ziegen …“[36]

… soll die Landwirtschaft begonnen haben (wir kennen das bereits) …

„Nur die intelligentesten und geschicktesten Männer kommen mit den Anforderungen der sich im Höllentempo verändernden Welt zurecht und können sich fortpflanzen. Das hat zur Folge, dass die Female Chocie den Mann jetzt mit ganzer Härte trifft … [der Genetische Flaschenhals] zeigt auch, dass zu diesem Zeitpunkt ganz offenbar die Female Choice noch in vollem Gange war … Der Rest der Männer starb in der neuen Lebensweise kinderlos. … Die Sesshaftwerdung bewirkt ein unbarmherziges Aussieben … Die Fortpflanzungssituation ist für Männer eine Katastrophe. Der ohnehin hohe sexuelle Selektionsdruck steigert sich durch den genetischen Flaschenhals bis ins Unermessliche. … Obwohl die Landwirtschaft das Leben so sehr erleichtert, stehen die ersten Bauernkulturen statt vor einer blühenden Zukunft vor der Barberei.“[37]

Böse, böse Female Choice! Böse Frau! Das klingt wie die Urschuld Evas. Es handelt sich hier um eine Täter-Opfer-Umkehr … nicht die Männer, die sich gegenseitig hochrüsten und damit auch im Stich lassen, sind Schuld, sondern die Female Choice.
Sie hält Gewalt für eine Lösung des Problems, aber es ist ihr doch lieber, wenn die Frauen sich selbst einschränken, damit der Alpha-Mann weiter unbehelligt am Fortschritt bauen kann. Das zeugt von einem grundlegenden Unverständnis der Female Choice, die Abwechslung liebt; dabei bleibt kein Mann ewig Alpha-Mann.

Es ist aber auch eine Tatsache, dass die Y-Varianz in patriarchalen Residenzformen stark absinkt. Die am nachhaltigsten patriarchalisierte Bevölkerung mit der höchsten Unterdrückungsrate der Female Choice finden wir immer noch bei den viehnomadischen Völkern Zentralasiens:

„Central Asian pastoralists, who are organized into patriclans, have high levels of intergroup competition and demonstrate ethnolinguistic and population-genetic turnover down into the historical period. They also have a markedly lower diversity in Y-chromosomal lineages than nearby agriculturalists. In fact, Central Asians are the only population whose male effective population size has not recovered from the post-Neolithic bottleneck; it remains disproportionately reduced, compared to female estimates using mtDNA.“[38]

Hier herrscht ein großer Männerüberschuss, weil Söhne bevorzugt werden, nur die ältesten das Erbe antreten und in Polygamie leben dürfen, und den Nicht-Erben obendrein ein Heiratsverbot auferlegt ist. Entsprechend erklären sich die wiederholten Raubzüge, die diese Völker in Richtung Westen unternahmen.
Das ebenfalls zu beobachtende, leichte Absinken der Y-Varianz in der frühen, noch matrifokalen Landwirtschaft lässt sich wie gesehen nicht mit Kriegen erklären, sie hätten sofort einen wesentlich stärken Einschlag erzeugt. Es gibt andere Erklärungsansätze der Patriarchatsforschung:

  1. Die in der Landwirtschaft arbeitenden Frauen hatten zu wenig Zeit, nach Männern zu suchen, nahmen daher erstmals fremde Männer als Dauergäste in die Sippe auf, schränkten damit aber ihre Female Choice selbst ein. Dies kann einen Einfluss auf die Geburtenzahl UND die absolute Zahl der Y-Varianten haben.
  2. Etliche Männer, quer durch alle Haplogruppen, verließen die Sippen Richtung Steppe.
  3. Fehlgeburten und hohe Säuglingssterblichkeit bei den männlichen Kindern.

Ansatz 1 zufolge hätte ein Mann nach einer Weile wieder gehen müssen oder hätte sich einer interessierten Schwester zugewandt oder wäre auch ohne sexuelles Interesse der Frauen geduldet worden, hätte er sich anständig verhalten. Diese Lebensweise birgt die Gefahr, dass Männer nun ihre Vaterschaft wahrnehmen und irgendwann daraus Rechte ableiten. Zudem steigt die Gefahr sexueller Übergriffe.
Im Ansatz 2 könnten die vorliegenden Daten bedeuten, dass die Patriarchalisierung in der Steppe früher stattgefunden hat. Denn eine Auswanderung anatolischer Männer in die Steppe ist wie erwähnt nachgewiesen worden.
Ansatz 3 ist generell eine Folge der Landwirtschaft und unter Matrifokalität und im Patriarchat ähnlich hoch. Er zeigt vor allem an, wie erfolgreich die Landwirtschaft betrieben wurde und ob Überschüsse verbunden mit einer extrem hohen Arbeitsbelastung erbracht wurden.

Erinnern wir uns, es war Stoverock wichtig, darauf hinzuweisen, dass sie „nicht für eine Rückkehr zum Female-Choice-Prinzip in seiner Reinform[39] sei. Das Problem der Sesshaftigkeit ist aber nicht eine überbordende Female Choice, sondern das Gegenteil: Erst die Selbsteinschränkung, die mit einem Minus an Lebensfreude, dem Risiko der Partnerschaft und einer, wenn auch kleinen, Verarmung des männlichen Genoms einhergeht. Dann, als die Landwirtschaft von den Männern übernommen wird, eine starke Verarmung des männlichen Genoms. Die Vielfalt geht mit ihrer Unterdrückung relativ zurück, wird aber durch die ansteigende Bevölkerungszahl kompensiert, steigt also absolut an. Der evolutionäre Nutzen der Female Choice entfaltet sich aber bei weitem nicht nur bei den Geschlechtschromosomen, sondern im gesamten Genom, ein Effekt, der beide Geschlechter betrifft. Auch das Genom der Pflanzen und Tiere verarmt durch Domestikation und mehr noch durch ihre Zucht im Patriarchat.

Wir können nicht wissen, warum die Frauen der Jungsteinzeit keine besseren Bedingungen schaffen konnten. Hinterher ist frau aber immer schlauer. Die Lösung wäre gewesen, keine Männer in die Sippen aufzunehmen, sondern die Feldarbeit schon früh auch auf die Brüder zu verteilen. Wir könnten auch anders herum sagen: Wären die Brüder nicht so faul gewesen und hätten – statt sich weiter altsteinzeitlich bei der Jagd ein schöneres Leben zu machen und zuhause Kuchen zu essen – besser ihren Schwestern auf dem Feld geholfen. UND hätten die Schwestern wieder mehr gesammelt, hätte es für beide Seiten gleich viele Gelegenheiten für Sex gegeben. Nebenbei wäre die hohe Sammelkompetenz, das große Wissen über Pflanzen und Tiere, das durch die Landwirtschaft verloren gegangen ist, erhalten geblieben. Offenbar war die uralte, sexuelle Arbeitsteilung aber ein Hindernis.

Stoverock braucht den Genetischen Flaschenhals, um ein Schreckgespenst der Female Choice zu zeichnen. Sich damit näher zu befassen, hätte ihre These gefährdet. Sie gibt ihm auf Seite 90 nicht einmal einen Namen, und lagert das Problem zunächst in die Tierwelt aus, in Zahlen zu den Seeelefanten und Beobachtungen an Adeliepinguinen, Schimpansen und Bonobo.[40] Schnell wechselt sie also wieder das Thema, kaum dass es auf dem Tapet ist, und wir müssen ihr folgen: Die Bonobo-Weibchen sollen sich aufgrund der Knappheit der Ressource Sex „einkaufen“ lassen. Kurz, sie erklärt die weiblichen Tiere dieser Arten zu Prostituierten, die nicht aufgrund einer schönen Morgengabe ein talentiertes Männchen erkennen und begehren, sondern lediglich die Morgengabe begehren, und sie gegen Sex tauschen, wobei ihnen das Männchen egal ist. Eine derart frauenfeindliche Sicht auf die Weibchen sollten wir von einer Autorin, die sich der Female Choice verschrieben hat, nicht erwarten! Die Female Choice ist kein Tauschgeschäft, sondern ein grundsätzlicher, unveränderlicher Lebenseffekt.
Hier zeigt sich besonders deutlich, wie wenig die Autorin die Female Choice selbst verstanden hat:

„Bei einigen Watvögeln verhalten sich die Weibchen so wie es normalerweise die Männchen tun. Nach der Eiablage macht sich das Weibchen auf und davon, um sich mit weiteren Männchen zu paaren, während der erste Partner im wahrsten Sinne des Wortes auf den befruchteten Eiern sitzenbleibt, um sie auszubrüten. Gäbe es nicht diese wenigen Ausnahmen, könnte man die Female Choice ein Naturgesetz nennen, so unumstößlich wie die Erdanziehungskraft. Danke also für nichts, Watvögel und Seepferdchen.“[41]

Es ist zum Heulen. Geht es bei der Female Choice nicht etwa darum, besonders viele verschiedene fähige Männchen zu finden? Ist die Strategie der Watvogelhennen etwa nicht die effektivste Art der Female Choice? Wir Menschen sind keine Vögel, und es ist nicht so, dass die Menschenfrauen ihre Female Choice zu Beginn der Landwirtschaft auf eben diese Weise ausgelebt hätten; sie haben ihre Kinder natürlich bei sich behalten. In die Logik, die Stoverock fährt, hätten die Watvogelhennen aber perfekt gepasst. Danke also für nichts, Frau Dr. Stoverock. Auf Seite 136 setzt sie noch einmal an und benennt den Genetischen Flaschenhals um der Dramatik willen, die ihr Kapitel „Die Stunde Null“ abschließen soll, um zu nächsten Kapitel „Haben und Sein“ überzuleiten.

Männer, die Frauen bewachen? Das sog. Mate Guarding

Da wären aber noch die Reiskärpflinge, eine kleine Süßwasserfischart, an der Stoverock das sog. Mate guarding erklären will:

„Die Männchen der Reiskärpflinge versuchen, sich stets so positionieren, dass das Weibchen etwaige Rivalen gar nicht sehen kann. Der Umstand, dass Weibchen für Männchen in erster Linie eine begrenzte Ressource sind, führt dazu, dass sie sie eifersüchtig bewachen. Nachdem sie sich die Zugriffsrechte durch Wettkampf untereinander geklärt haben, werden sie zu besitzergreifenden Hausherren, die versuchen, den Verlust der Ressource um jeden Preis zu verhindern.“[42]

Das ist patriarchale Berichterstattung par excellence. Denken wir doch bitte die Female Choice konsequent, immer und immer wieder! Dann zeigt sich ein völlig anderes Bild: Es gibt in der Natur keine Zugriffsrechte, die unter den Männchen ausgefechtet werden! Es gibt nur das Weibchen, das ein Männchen gewählt hat, in diesem Fall das, welches im Kampf gewonnen hat. Es ist aber immer wieder zu beobachten, dass sich Weibchen am Rande des Kampfplatzes auch mit anderen Männchen paaren. Hören wir doch endlich auf mit der ewig androzentrischen Sicht auf die Tierwelt! Nicht die Weibchen sollen andere Rivalen nicht sehen, sondern umgekehrt, ein anderes Männchen als das gewählte soll das Weibchen nicht sehen, sie versteckt sich. Die Female Choice der Reiskärpflinge hat Männchen selektiert, die die Female Choice beschützen. Das ist keine Eifersucht, die mit einem Besitzrecht korrelieren würde, sondern eine Form der „Pflichterfüllung“. Dieses sog. Mate Guarding beschützt nicht die „Rechte“ des Männchens, sondern die Wahl des Weibchens. Würden sich andere Männchen in der Nähe aufhalten, könnte es passieren, dass vom Weibchen unerwünschtes Sperma die Eier erreicht.

Stoverock möchte gerne zeigen, dass die Female Choice auch im Patriarchat weiter wirksam ist, hierin liegt die Stärke und – wie könnte es jetzt noch anders sein – zugleich die große Schwäche des Buches. Es fällt ihr schwer, patriarchale Muster von denen der Evolution zu trennen:

„Immer betreibt der Mann ein Riesentamtam, und die Holde muss nur ja sagen. Das spiegelt sich auch in unseren modernen Zeiten: Einer Umfrage zufolge sind 69% der Frauen gar nicht oder nur im Ausnahmefall dazu bereit, beim Flirten den ersten Schritt zu machen.“[43]

Sie hält dies offenbar für natürlich. Aber natürlich gilt es im Patriarchat als unschicklich, wenn Frauen den ersten Schritt machen. Das ist deshalb so stark sanktioniert, weil die patriarchale Male Choice oberstes Gebot sein soll. Eine Frau, die wählt, ist unter der Würde des Patriarchen. Hier wird ihr unterstellt, sie wolle sich einen angeln, ihn festnageln, sie wolle nur sein Geld, sie sei nymphoman etc.. Tatsache ist, dass dieses Tabu großen Schaden anrichtet: viele Frauen bleiben „Incel“ (die Alte Jungfer, das Mauerblümchen, der Blaustrumpf), weil sie einerseits immer nur Angebote ablehnen dürfen und andererseits Milchbubis, Nerds und Lauchs sich für Superhelden halten und daher nur auf Models stehen, um es einmal zugespitzt auszudrücken. Das Märchen von König Drosselbart lehrt schon kleine Mädchen, ihrem Gefühl nicht zu trauen und ein Angebot besser anzunehmen. Das Patriarchat hat aber auch dafür eine Lösung, und es würde mich nicht wundern, wenn Stoverock die Zwangsheirat für natürliches männliches Verhalten hält, wie auch das angebliche Mate Guarding, das sie unkritisch aus der Herrschenden Lehre übernimmt:

„Auch das mate guarding finden wir bei uns Menschen. Es zeigt sich im Extremfall an dem islamischen Verbot für Frauen, sich ohne männliche Begleitung an öffentlichen Plätzen aufzuhalten oder zu verreisen. Auch die Verschleierung dient seit rund dreitausend Jahren dazu, Frauen vor Blicken (und damit Versuchungen) anderer Männer zu verstecken.“[44]

Sie liefert dazu auch Anekdotisches aus der Welt der Studien:

„Auch hinsichtlich der Triebstärke gibt es Hinweise, die klare Unterschiede aufzeigen: Eine australische Studie aus dem Jahr 2011 ergab, dass 56% der Männer in Langzeitbeziehungen sich mehr Sex von ihren Partnerinnen wünschen, jedoch nur 28% der Frauen. 14% der Frauen hätten sogar gerne weniger Sex mit ihrem Partner.“[45]

Die Studie zeigt aber auch, dass 14% der australischen Frauen in ihrer Beziehung vergewaltigt werden, was Stoverock aber nicht so zu sehen scheint.

„Kanadische Wissenschaftler kamen bei einer Befragung von 170 Studenten zu ähnlichen Ergebnissen. Besonders in längeren Beziehungen spielt bei dem asymmetrischen Begehren nicht nur die Triebstärke, sondern auch die serielle Monoandrie der Frauen eine Rolle – die evolutionäre Reproduktionsstrategie findet einfach, dass es an der Zeit ist, sich nach Ablauf einer Reproduktionsphase mit einem anderen Mann zusammenzutun.“[46]

Sie erklärt, dass sich an schwulen und lesbischen Paaren überprüfen ließe, ob die Triebstärke dennoch bei Männern stärker ausgeprägt ist, und siehe da, tatsächlich wollen Männer angeblich mehr Sex! Eine derart weitreichende Aussage mit einer einzigen Studie zu belegen, das ist leider zu dünn.[47] Es wäre auch nur aussagekräftig, wenn bereits feststünde, dass sich homo- und heterosexuelle Menschen in dieser Frage nicht unterscheiden.

Nein, Gewalt ist keine Lösung. Nie. Und auch nicht die Unterdrückung der Female Choice.

Tatsächlich, und nun wird es besonders problematisch und zugleich höchst inkonsequent, Stoverock leugnet die sexuelle Gewalt:

„Die Frauenbewegung hat lange die Behauptung verbreitet, bei sexuellen Angriffen ginge es vor allem um Macht (einen Willensakt) und nicht um Sex (einen Triebakt). Der Gedanke dahinter ist verständlich, aber aufgrund der evolutionären Besonderheiten der sexuellen Fortpflanzung halte ich ’sexuelle Gewalt‘ für den unzutreffenden Begriff. Das kulturelle Faktoren die Entscheidung zur Vergewaltigung zusätzlich befeuern können, bezweifle ich aber keineswegs. Bitte denken Sie daran, dass es mir bei der Erklärung – nicht der Entschuldigung – von sexueller Gewalt darum geht, ihre Ursache zu verstehen, um sinnvolle Lösungen zu ihrer Eindämmung zu entwickeln.“[48]

Wir werden noch sehen, wie sinnvoll die Lösungen sind, die sie auf den falsch hergeleiteten Ursachen entwirft. Ihre Beschwichtigung ist nicht nur unglaubwürdig, sie kommt auch noch auf derselben Seite zur Sache:

„Wir haben gesehen, dass Gewaltbereitschaft integraler Bestandteil der männlichen Reproduktionsstrategie ist.“[49]

Nein! Wir haben es hier leider mit einem besonders schwerwiegenden Fall von Biologismus zu tun, der den Mann an seinen Platz im Patriarchat verweist und besonders die Frau. Ausgerechnet die Female Choice, mit deren Hilfe wir alle Biologismen beseitigen können, muss dafür herhalten; dies nachdem es so schwer war, sie überhaupt zu entdecken. Es ist zum wirklich zum Auf-dem-Hut-herumtrampeln!

Nachdem sie also ordentlich Angst vor Männern geschürt hat, erfahren wir, wem ihre ganze Sorge gilt: den Incels, deren Gewaltbereitschaft sie ausführlich darstellt, und bei der es angeblich nicht um Macht geht.

„Zahlen belegen, dass die meisten weiblichen Opfer von Sexualgewalt im geschlechtsreifen Alter sind. Dies ist ein Hinweis darauf, dass es bei den Taten deutlich stärker um Sex geht als bisher im Diskurs behandelt. Ginge es ausschließlich um Macht, wie der Feminismus seit Jahrzehnten behauptet, dann könnten ebenso oft Kinder oder Greisinnen betroffen sein.“[50]

Es ist ja schon erstaunlich genug, dass der Feminismus über all die Jahre, wo das Wort „Patriarchat“ im Umlauf ist, nicht darauf gekommen ist, dass es um die Macht der Vaterschaft geht, was das Wort ja schon treffend aussagt. Aber immerhin hat der Feminismus erkannt, dass es um Macht geht. Nur ohne das Wörtchen „Vater“ ist das Wort „Macht“ natürlich nur ein Schlagwort, das einer auch um die Ohren gehauen werden kann, Stichwort „Matriarchat“. Es wird von Feministinnen davon abgelenkt, dass es sich um die Macht der Väter handelt, weil die Mutterschaft ein rotes Tuch ist und die Väter gefälligst im Kinder versorgenden Alltag mithelfen sollen. So gilt der männlichen Macht in der Arbeitswelt und der sexuellen Gewalt am Arbeitsplatz die Hauptsorge, während die Partnerschaftsgewalt erst langsam beginnt, in ihrem ganzen Ausmaß erkannt und erforscht zu werden, aber meist noch entschuldigt wird. Diese Bewegung kommt aber nicht aus dem Mainstreamfeminismus, sondern von den alleinerziehenden Müttern!
Über Sex werden Männer im Patriarchat zu Familienvätern (= Familienvorstand) und daher gilt es, über die Sexualität der Frau Kontrolle zu erlangen. Alle Macht geht davon aus, dass Männer im Patriarchat nicht einfach Sex haben wollen, sondern Väter werden wollen, oder die Vaterschaft potentieller Väter sicherstellen sollen. Frauen werden über ihre Mutterschaft dahin erpressbar, selbst die Vaterschaft zu festigen.
Über die Vaterschaft und die Vererbung über den Sohn gelingt die Anhäufung von Besitz. Die Gier nach mehr ist im Patriarchat in die Welt gekommen, weil alles unsicher geworden ist, weil die elementarsten Bedürfnisse nicht gestillt werden. Wir erinnern uns, Stoverock braucht die Bedürfnispyramide, wo Sex auf Stufe 1 angesiedelt ist, für ihre Argumentation. Aber Sex gehört nicht dazu, das ist ein Mythos! Sex kompensiert im Patriarchat einen großen Teil des Bereichs, der schon in der Kindheit nicht ausreichend von den Müttern gestillt werden darf: Körperliche Nähe, Zärtlichkeit, natürlich ohne Sex, und Geborgenheit, die gepaart sind mit dem Gefühl der Sicherheit und des Vertrauens. Die Trauung von Mann und Frau soll all das ersetzen, was das Patriarchat zuvor genommen hat; es ist ein Perpetuum Mobile. Die Sucht nach Besitz und Sex sind Symptome der Krankheit Patriarchat. Natürlich ist ein Incel nicht einfach nur notgeil. Ein Incel hat die nackte Angst, keine Familie gründen zu können, womit er von der Gesellschaft ausgeschlossen würde. Sexpüppchen, wie Stoverock es dann als sinnvolle Maßnahme vorschlägt, und denen sie im Literaturverzeichnis erstaunlich viel Raum gibt, werden dieses Problem niemals lösen können! Das Incel-Phänomen ist auch kaum vor dem Hintergrund der erwachenden Sexualität der Frauen zu verstehen, sondern viel mehr vor dem Hintergrund der Individualisierung in der sog. Risikogesellschaft (nach Ulrich Beck). Wenn Frauen mobil werden müssen, quasi zu Nomadinnen, um im Beruf Erfolg zu haben, dann funktioniert das Modell Kleinfamilie nicht mehr und dann werden es sich Frauen zweimal überlegen, ob sie das Wagnis des Mangelkonstruktes Kleinfamilie eingehen wollen. Viele Frauen bleiben daher auch kinderlos und partnerlos, aber ohne vergewaltigend und pöbelnd umherzuziehen, wie Stoverock es für die künftigen Männer an die Wand malt.

Female Choice und Matrifokalität nicht verstanden

Nachdem Stoverock viele Buchseiten damit zugebracht hat, die Entstehung des Patriarchats in die Zeit der Erfindung der Landwirtschaft zu verlegen, konstatiert sie:

„Der evolutionäre [!] Druck hat auch bei den Menschen vor allem polygyn-monoandrische Systeme hervorgebracht.“[51]

Es scheint ihr dabei unbekannt, dass polygyn-monoandrische Systeme immer im Patriarchat angesiedelt und nicht evolviert sind. Das Patriarchat gehört nicht in die Altsteinzeit. Unbekannt ist ihr scheinbar auch, dass Menschen nicht viele „Systeme“, sondern ein einziges angeborenes Sozialverhalten eigen ist, die Matrifokalität, wie es u.a. Sarah Blaffer Hrdy nachweisen konnte. Schon für die Primaten stellt die berühmte Anthropologin fest:

„Ich gehörte übrigens zu denjenigen, die schon frühzeitig davon überzeugt waren, dass Menschenaffen zur Patrilokalität neigten. Ich änderte meine Meinung im Verlauf der Arbeit an ‚Mutter Natur‘.“[52]

Die Matrifokalität ist Stoverock dennoch durch Twitter bekannt, sie akzeptiert sie auch ausdrücklich, erwähnt sie auch mehrmals im Text, aber ohne diese Inspiration im Text oder Literaturverzeichnis zu würdigen.[53] Es ist auch besonders verwerflich, dass sie behauptet, dass es Studien gäbe, die beweisen sollen, dass es die monogyn-monoandrische Lebensweise, also die Ehe, seit gut 10.000 Jahren gäbe, ohne ihre Quellen zu benennen[54]. Meiner Erfahrung nach haben die AutorInnen solcher Studien einen extrem engen Blickwinkel, bei dem schon zu Studienbeginn das gewünschte Ergebnis feststeht,[55] und sie produzieren häufig ähnliche Sätze wie Stoverock:

„Die Kinder einer Frau stammen oft von unterschiedlichen Vätern, Partnerschaft-auf-zeit ist primäre Beziehungsform. Die menschlichen Körper wurden von der Evolution so konstruiert, dass sie in erster Linie so lange zusammenbleiben, bis die aus der Beziehung resultierenden Kinder selbstständig essen und die nomadisch umherziehende Gruppe aus eigener Kraft begleiten können. Längere Beziehungen sind eher Ausnahme.“[56]

Hier wird er konstruiert: der Vater als Ernährer. Aber Stoverock denkt nicht darüber nach, was z.B. passiert, wenn die Gruppe resp. Sippe weiterzieht. Glaubt sie wirklich, dass das aggressive Sexmonster 9 Monate lang eine Schwangere verfolgt, um dann für das Kind Nahrung zu beschaffen? Das passt weder in ihr Weltbild, noch passt das zu Matrifokalität. Ist es nicht vielmehr so, dass sich Männer für Kinder erst dann wirklich zu interessieren beginnen, wenn die Kinder laufen und sprechen können? Was würde denn passieren, wenn der Vater verunglückt? Sie weiß es nicht. Sie weiß nicht, dass der Vater unter Matrifokalität weder der Ernährer ist, noch überhaupt bekannt ist, dass er einfach nur hinderlich wäre, übrigens auch weil in der Sippe immer mehrere Mütter sind. Wird das Baby geboren, ist er schon lange weg, denn er zieht mit seiner eigenen Sippe weiter. Merkwürdig, dass ihr, der Evolutionsbiologin, das nicht klar ist, besonders wo sie doch den Männern ein überbordendes, aggressives Sexleben andichtet.

Geschichtsfeindlichkeit

In ihrem Kapitel „Haben und Sein“[57] beschäftigt sich Stoverock nun damit, wie der Mann über seinen Besitz die Frau ans Haus gefesselt habe.

„Der Besitz wird dem Mann zugeordnet. Territorien und die dort vorkommenden Ressourcen sind auch in der Natur eher Männersache.“[58]

Mit diesem hanebüchenen Biologismus, der jede Arbeitsleistung der Frau der Steinzeit übergeht, braucht sie nicht erwähnen, dass die Matrifokalität keinen Besitz kennt und auch die frühen Sippenhäuser allen gehörten. Ihre Erklärung dafür, wie der Besitz in Männerhand geraten ist: der Wunsch nach Abgrenzung[59]. Hier liefert die Patriarchatsforschung jede Menge wirklich Erhellendes, aber das sind ja alles Schmuddelkinder.
Woher sie das Wissen nimmt, dass „Anführer, die behaupten, von den Göttern direkt in ihr Amt berufen worden zu sein„, schon „von Anfang an zu den Begleiterscheinungen sesshafter Gemeinschaften“ gehört haben, erraten wir nicht, sie kann auch nur mit dem bronzezeitlichen, babylonischen König Hammurapi aufwarten. Und doch, Frau Dr. Stoverock! Wir dürfen getrost vergessen, „dass die alttestamentarischen Erzählungen ihre Anfänge in der mündlichen Folklore haben„.[60]
Ihr Ritt durch die Zeiten, mit rasendem Wechsel von Alt- zu Jungsteinzeit, dann nahtlos in die Bronzezeit, Neuzeit und wieder zurück, alles nur „Details“. Hier zeigt sich unhistorisches Denken gepaart mit Halbwissen und ein durch und durch patriarchales Weltbild, das im Widerspruch zu allem steht, was wir doch längst besser wissen. Die Krönung ist dann diese Plattitüde:

„Früher ging der Mann jagen, um die Frau zu ernähren, heute geht er halt ins Büro.“[61]

Aber dann ist für sie die „Spaltung der menschlichen Gemeinschaften in außen und innen nicht weniger als die Geburtsstunde des Androzentrismus, der männlichen Zivilisation.[62] Oho und Aha! Mit diesem geistvollen Sinnspruch von biblischer Gewalt zeigt sie, dass sie nichts weiß über die Entstehung des Patriarchats im Viehzüchternomadismus und den daraus resultierenden Zuchtgedanken mit seinem Sexismus und Rassismus. Und genau DAS ist es, was „die Völker, die uns Pornografie in der beschriebenen Eindeutigkeit hinterlassen haben“ eint und nicht die „besitzbasierte Sesshaftigkeit“[63].

Porno sells und der angebliche Sexuelle Konflikt

Überhaupt Pornografie. Stoverock, die sich als „sexpositiv“[64] bezeichnet, liebt die Pornografie, wir ahnten es schon. Was wurde in den letzten Jahrzehnten nicht alles geschrieben, um zu den Leuten verständlich zu machen, dass Pornografie Frauen, ja allen Menschen erheblichen Schaden zufügt! Es scheint, als würden all diese Feministinnen gegen Wände geredet haben, wenn Stoverock so etwas schreibt:

„Doch schaut man genauer hin, zeigt die Mainstream-Pornografie jedoch mehr. Die Frau steht dem Mann in der Pornografie uneingeschränkt zur Verfügung, das ist wahr, doch willenlos ist sie keineswegs. Sowohl in antiken als auch modernen Darstellungen verhält sich die Frau lüstern, sie begegnet dem Mann mit offenen Armen und erwidert seine Annäherung. … Im Grunde simuliert er die freie Partnerwahl einer Frau, wie sie in der Female Choice gegeben ist. Erotische Darstellungen vor allem des Mainstreams zeigen einen Akt, an dem sich die Frau freiwillig und mit Genuss beteiligt (im Fetischbereich sind natürlich auch andere Spielarten möglich). … In dem Ideal offenbart sich tiefste und persönliche Sehnsucht, die der Sexuelle Konflikt seit Millionen von Jahren beiden Männern hinterlassen hat: Eine Frau, die ihn und seinen Penis von ganzem Herzen begehrt, und bei der er keine Angst vor Zurückweisung haben muss. …“[65]

Welche jetzt noch nicht heult, dürfte spätestens jetzt dazu genötigt sein:

„Hätte diese Sehnsucht nicht dazu geführt, dass die Männer frauenunterdrückende Strukturen schufen, um mehr Zugang zu Sex zu bekommen – man könnte ihr Mitgefühl entgegenbringen. Kein verächtliches, überhebliches Mitgefühl, sondern ein liebevolles, ebenbürtiges Verständnis, das den Mann als fühlendes, begehrendes Wesen ernstnimmt, dem der Sexuelle Konflikt ebenso übel mitgespielt hat wie der Frau. …“[66].

NEIN, Frau Dr. Stoverock, das nehme ich Ihnen nicht ab, auch wenn Sie zum Ende noch schreiben, dass die Frau sich angesichts der gefährlichen Folgen der Partnerschaft kein Mitleid leisten könne[67].
Der Sexuelle Konflikt ist unter Biologen en vogue, da sind noch Meriten zu verdienen, und dieses Buch ist Stoverocks Beitrag:

„Unsere zentrale These lautet, dass wesentliche Strukturen der männlichen Zivilisation dazu dienten, die Folgen der unterschiedlichen Reproduktionsstrategien der Geschlechter abzufangen. Zu diesen Folgen gehört der Sexuelle Konflikt aus einander gegenläufigen sexuellen Bedürfnissen, aber auch das Paarungssystem der Female Choice, in dem die Frau den Zugang zu Sex für Männer regelt.“[68]

In der Natur war der angebliche Sexuelle Konflikt nie ein Problem, die Female Choice wurde zum Problem für Männer, als sie mit Gewalt Frauen unterwarfen. Die Sesshaftigkeit trifft so wenig Schuld, wie eine Frau, die vergewaltigt wurde. Die Theorie des Sexuellen Konflikts, die alles, was die Female Choice betrifft, problematisiert, sogar bis in die Cryptic Female Choice hinein, ist ein Irrweg wie auch Freuds Ödipus-Komplex und Penisneid. Der „Konflikt“ ist identisch mit dem Problem, das Patriarchen mit der Female Choice haben, und ein moralisierender Begriff, der bei der Betrachtung der Evolution nichts verloren hat und in den Biologismus führt. Er ist auch identisch mit dem Widerstreit des Patriarchats mit der Matrifokalität, die sexuelle Konflikte sozusagen aufs Genialste verhindert hat. In Bezug auf den Menschen (und Primaten) wird er aber immer wieder beschworen, um die menschliche Monogamie, die die Female Choice unterdrückt, als evolvierten Schutz der Frauen und Kinder vor Vergewaltigung und Infantizid hinzustellen.[69] Kein Wunder, dass Stoverock mit der Female Choice das Ende der Zivilisation nahen sieht, wie es schon der Buchtitel andeutet, bei dem optimistische LeserInnen zunächst glauben könnten, es sei das Ende des Patriarchats gemeint.

Incels, das Schreckgespenst der Evolution?

Im letzten Drittel des Buches widmet sich Stoverock nun ganz ihren Schützlingen, den Incels. Sie beschreibt sehr detailliert die Amokläufe in den USA, und besonders den von Elliot Rodger. Dazu erzählt sie, wie sich Incels im Netz zusammenrotten und radikalisieren. Auch das möchte sie erklären:

„Erinnern wir uns an die Maslowsche Bedürfnispyramide. Die bloße Existenz von gewaltbereiten Incels und das gleichzeitige Fehlen eines weiblichen Äquivalents zeigt, dass das Bedürfnis nach Sexualität für Männer deutlich weiter unten in der Pyramide steht, und seine Erfüllung damit eine wesentlich höhere Priorität hat als für Frauen. Je dringlicher ein Bedürfnis ist, desto verzweifelter und aggressiver kämpft der Mensch um seine Erfüllung. Es käme daher einer groben Fahrlässigkeit gleich, diese Gruppe nicht besonders im Auge zu behalten.“[70]

Erinnern wir uns auch daran, dass die Maslowsche Bedürfnispyramide die Bedürfnisse des patriarchalen Mannes abbildet und Stoverock das nicht bemerkt hat. Männer können keine Kinder kriegen, sie müssen im Patriarchat eine Frau festsetzen, um sich überhaupt um Kinder kümmern zu können. Es droht ihnen die Einsamkeit im Alter, aber auch geringerer sozialer Status, der sich durchaus in barer Münze bemerkbar macht. Während nämlich das Gehalt von Müttern ins Bodenlose sinkt, verdienen Familienväter mehr als kinderlose Männer. In den USA ist diese Diskrepanz übrigens besonders deutlich.[71] Dass Kinder einen Mann arm machen, Sex mit einer Frau daher „zu einer wirtschaftlichen Gefahr“ werde, wie Stoverock es ja auch behauptet hat[72], stimmt also nur teilweise. Tatsächlich haben schon die frühen Patriarchen erkannt, dass Kinder billige Arbeitskräfte sind, die, ordentlich erzogen die Zukunft so gestalten, wie es sich der Vater wünscht. Sie verleihen ihm Macht, er kann seine Frau über sie erpressen und er spart sich das Geld für eine Dienerin und Prostituierte. Eine Ehefrau, würde sie anständig bezahlt, wäre so teuer, dass ein normaler Mann sie sich nicht leisten könnte.
Stoverock kennt sich gut aus in der „Manosphere“ und bescheinigt ihr „erstaunliches Wissen über die evolutionsbiologischen Grundlagen der Geschlechterbeziehung[73]. Wenn es dieses Wissen ist, das sie in diesem Buch zum Besten gibt, ist alles klar! Hier liegt das Problem des Buches nun offen zutage; ihre Inspiration holt sie sich bei den Misogynisten, und sie gibt es auch zu:

„Stimmen, die sich um die Einbettung der physischen Prozesse in die Kultur bemühen, gibt es nur wenige. Eine von ihnen gehört dem kanadischen Psychologen Jordan Peterson. Er hat erkannt, dass unsere Zivilisation nur unter Abschaffung von evolutionsbiologischen Mustern möglich war.“[74]
„Er weist darauf hin, dass die Menschheit am Anfang ihrer sesshaften Lebensweise die Incels nur über die sozial erzwungene Monogynie in den Griff bekommen hat, und dass also ein Aufweichen dieser Monogynie einem Angriff auf die Zivilisation gleichkommt.“[75]

Ja, Frau Dr. Stoverock, ich „atme scharf ein“ und zwar mehrfach, da hilft Ihnen auch nicht Ihre Immunisierungsstrategie[76]. Und zwar aus zwei Gründen:

1. Der Satz suggeriert, dass Jordan Peterson der Begründer der Patriarchatsforschung sei. Das ist falsch. Es war Dr. Gerhard Bott, den ich oben bereits erwähnte, der erstmals den Zusammenhang zwischen der Patriarchalisierung und der Aushebelung der Female Choice erkannte. Er berief sich dabei auf die Arbeiten von Meredith M. Small und Gerda Lerner.[77]
2. Jordan Peterson ist ein Antifeminist, der mit Aussagen wie „You know you can say, ‘Well isn’t it unfortunate that chaos is represented by the feminine’ — well, it might be unfortunate, but it doesn’t matter because that is how it’s represented. It’s been represented like that forever. And there are reasons for it. You can’t change it. It’s not possible. This is underneath everything. If you change those basic categories, people wouldn’t be human anymore. They’d be something else. They’d be transhuman or something. We wouldn’t be able to talk to these new creatures“ bei den organisierten Incels punktet. Eines seiner Bücher trägt den Untertitel “An Antidote to Chaos”.[78]

„Chaos“, das ist das Wort, das Erzkonservative immer in den Mund nehmen, wenn sie Gegner diskreditieren wollen. Auch Donald Trump verwendete es inflationär und produzierte doch selbst das allergrößte Chaos. Aber tatsächlich fallen WählerInnen (und auch LeserInnen) immer wieder auf das Geschäft mit der Angst herein. Und in diese Kerbe haut auch Stoverock:

„Und da die Kontrolle der ‚Ressource Frau‘ durch die Männer nicht die Folge der Kultur war, sondern der erste, sie begründende Schritt, können die Maßnahmen nicht einfach rückgängig gemacht werden.“[79]

Damit beweist sie auch einmal mehr ihre weitreichende Unbildung. Schon Tiere haben nämlich Kultur und die menschliche Zivilisation gab es schon lange ehe das Patriarchat über die Menschheit hereinbrach.

Ihr Manifest lautet konsequent:

„Wir müssen das Gute aus dem Nomadenleben mit dem Guten aus der Sesshaftigkeit verbinden. Und weil allein die Größe dieser Aufgabe Kopfschmerzen bereitet, beginnen wir im Kleinen, dort, wo jeder Mensch in seinem Leben etwas verändern kann, und vergrößern die Idee so lange, bis wir am Ende vor einer neuen Weltordnung stehen.“[80]

Wir können den Anfang wie folgt abändern, denn das ist es, was sie in Wahrheit sagen will, hat sie doch seitenweise den „Nachweis“ geführt: Wir sollen das Gute aus dem Nomadenleben mit dem angeblich Guten aus dem Patriarchat verbinden. Wie naiv das ist, zeigt der aktuelle Backlash. Es gibt nicht „ein bisschen Patriarchat“. Das Patriarchat wird sich die Butter nicht vom Brot nehmen lassen, solange das Vaterrecht nicht durchschaut und abgeschafft ist. DAS ist das Problem vor dem wir stehen … aber auch die Mauer hat nicht ewig gestanden. Jedoch, das Patriarchat ist eine „etwas“ härtere Nuss, so dass noch sehr viel Wasser den Rhein herunterfließen wird. Würden die Männer erkennen, wie sehr sie sich selbst schaden, dann wäre viel gewonnen. Aber dieses Buch klärt nicht darüber auf, sondern tut das genaue Gegenteil.

Scheinfeminismus und Prostitutionsverherrlichung

Dr. Meike Stoverock ist keine Feministin. Die sexuelle Freiheit der Frau, die Female Choice, und damit die Freiheit überhaupt, ist ihr so zuwider, dass sie sie weiter eingeschränkt sehen will. Das äußert sich auch in ihrem Loblied auf die Pille, auch wenn sie deren Risiken und die Folgen für die Female Choice kennt:

„Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschen erfahren Frauen so etwas wie echte Freiheit. Die Freiheit über das Treiben in ihren Eierstöcken bestimmen zu können. … Die selbstgewählte Kinderlosigkeit versetzt Frauen in die Lage, Berufe zu ergreifen, sich zu bilden, zu reisen und ihre Sexualität zu entdecken.“[81]

Das ist aber nur die halbe Wahrheit: Ausgerechnet Letzteres ist durch die Pille stark eingeschränkt und immer weniger Frauen nehmen die Pille, weil sie die schädlichen Effekte nicht mehr tragen wollen und zudem erkannt haben, dass sie nur eine Scheinfreiheit gewährt, verfügbar macht und obendrein Einsamkeit beschert, genau das, wovor männliche Incels in Wahrheit Angst haben! In den Entwicklungsländern ist die Pille eine echte SOS-Maßnahme, aber als Lifestyle-Produkt taugt sie gar nichts. Im Übrigen bedeutet Female Choice auch, sich einem Partner zu verweigern.
Ein Feminismus, der die Kraft der Female Choice diskreditiert, nicht den Weg MIT ihr aufzeigt, wie sie Frauen ein freies Leben mit ihrer kompletten positiv erlebten Körperlichkeit ermöglicht, ist nicht für Frauen, sondern gegen sie. Und Stoverock hat noch nicht erkannt, wie sehr der Feminismus vom Patriarchat instrumentalisiert wird, denn sie glaubt, dass er nur vorwärts ginge, „nie rückwärts“.[82] Sie selbst liefert mit ihrem Buch das beste Beispiel für einen echten Rückschritt. Der Schlüssel zur Lösung ist mit der Female Choice längst gefunden, aber sie schmiert nun Klebstoff ins Schlüsselloch.

Sex für alle, das ist Stoverocks Forderung,[83] und ihr Respekt vor der Pornografie ist bemerkenswert. Und damit alle zu ihrem angeblichen Recht kommen, präsentiert sie den ganzen Katalog patriarchaler Sexfürsorge.

„Prostitution kann gerade jenen Teil der männlichen Sexualität abfangen, der sonst unkontrolliert und potentiell gefährlich in die Gesellschaft sickern würde: die nicht gesellschaftskonformen Neigungen, den Triebstau bei Unterversorgung.“[84]

Ihr wesentliches Argument gegen ein Prostitutionsverbot ist:

„Interessanterweise gehören Länder mit striktem Prostitutionsverbot zu denen mit den höchsten Vergewaltigungsfällen in Europa.“[85]

Dieser perfide Mythos wurde von TERRE DE FEMME und der Aussteigerin Huschke Mau längst entlarvt.[86] Tatsächlich sind es die Prostituierten, die dann stellvertretend vergewaltigt werden; Prostitution ist keine Female Choice! Und daher gibt es auch keine „anständigen“ Freier, wie Stoverock behauptet.[87] Stoverock glaubt auch fest daran, dass Prostitution eine „wirksame Incel-Prophylaxe“[88] sei. Dann ich frage mich aber, warum es die organisierten, aggressiven Incels jetzt schon gibt, obwohl die Prostitution noch überall blüht.
Zwar kennt sie die Kritik ganz genau, wischt sie aber vom Tisch:

„Eine Korrelation gibt es, auch eine unmittelbare Wirkung, beides ist nicht zu leugnen. Ob jedoch auch eine persönlichkeitsformende Kausalität besteht und wenn ja, in welche Richtung diese verläuft, kann bisher nicht geklärt werden. Denn es ist sowohl möglich, dass Pornos zu Gewalttaten führen, als auch dass zu Gewalttaten neigende Männer eher zum Porno greifen. Der Beweis eines ursächlichen Zusammenhanges steht bislang noch aus.[89]

Das ist falsch. Wenn wir davon ausgehen, dass die Täter nicht wissen, wie ein Porno entsteht, dann ist Pornogucken wie der Blick in die Zeitung. Konsumenten von Kinderpornos werden aber deshalb bestraft, weil bekannt ist, dass diese Filme Gewalttaten dokumentieren und sie sich deshalb mitschuldig machen. Einen Porno zu schauen ist eine Gewalttat, übrigens auch gegen sich selbst. Konsumenten wissen ganz genau, was sie da sehen! Ebenso sind erwachsene Pornodarstellerinnen nicht einfach nur Schauspielerinnen, sondern sie werden vor der Kamera vergewaltigt, sind allerdings oft auf Droge oder so abgestumpft, dass sie es selbst nicht mehr mitbekommen. Pornos sind keine Female Choice. Es ist auch bekannt, dass schon alltägliche Sexszenen normalen Schauspielerinnen, von denen viele es gar nicht erwarten würden, erhebliche Probleme bereiten.

Und dann die Sexpuppen und all die anderen Produkte, die die Industrie bereithält, es liest sich wie die Hochglanzbroschüre der Pornolobby:

„Aber auch anderen Orts wächst der Markt – wenn auch nicht so schnell, wie er könnte, weil die lebensechten Puppen mit mehreren tausend Euro sehr teuer sind.“[90]
„Heutige Puppen sind lebensgroß, aus weichem Silikon gefertigt, mit Brüsten, die sich wenigstens ein bisschen danach anfühlen, und anatomisch genauen Genitalien. Kunden mit dem nötigen Kleingeld können Größe, Proportionen, Haar- und Hautfarbe ihrer Puppe individuell zusammenstellen. Technologische Weiterentwicklungen geben Puppen sogar Mimik …“[91]

Ehrlich gesagt, ich will das alles gar nicht so genau wissen. Aber das sollen alles ganz normale Produkte sein, die es schon in der Antike gab[92]; Patriarchat mit Patriarchat legitimiert.
Als vorläufigen Höhepunkt ihres geistigen Exzesses, bei dem wir doch uns langsam fragen müssen, ob Stoverock nicht doch eher eine Ghostwriterin ist, lehnt sie sich an den Vorschlag eines Autors an, der „Ausgleichszahlungen für sexuell unterprivilegierte Männer, die ihnen womöglich helfen könnten, leichter Partnerinnen zu finden“ fordert.[93] Das ist schon besonders bizarr angesichts des Kampfes alleinerziehender Mütter um jeden Cent. Dafür hat die Gesellschaft also Geld übrig? Dies alles sind keine innovativen Vorschläge, sondern schlicht eine Aufforderung zum Zurück ins vorletzte Jahrhundert, wo Frauen noch „eine gute Partie“ machen mussten, und ihre Female Choice keinerlei Rolle spielte.
Im scheinbaren Widerspruch zu ihren Ausführungen schreibt sie aber:

„Wir müssen die Gesellschaft liebevoll auffangen. Müssen das Narrativ ändern von ‚Jeder kann Sex haben, wenn …‘ zu ‚Nicht jeder hat Sex, das ist ganz normal'“[94].

Mit einem solchen Vorschlag kann Stoverock sich nicht freischwimmen, im Gegenteil: Für sie ist die Female Choice ein Narrativ. Und wir wissen wie sie, dass Narrative jederzeit austauschbar und revidierbar sind im Sinne von: Was schert mich mein Geschwätz von gestern? Die Erziehung nur mit Parolen wird nicht nachhaltig sein, denn das grundsätzliche Problem liegt nicht beim Sex, sondern in der im Patriarchat schon mit der Geburt beginnenden Trennung von der Mutter und anderen Bezugspersonen, so dass das Kind keine stabile Bindung aufbauen kann und sein tiefes Bedürfnis nach körperlicher Nähe nicht befriedigt wird. Wir erinnern uns: das Bedürfnis nach Zugehörigkeit ist das am stärksten ausgeprägte. Der folgende lebenslange Durst nach inniger körperlicher Nähe wird mit Sex kompensiert, und bleibt dies aus, mündet er in aggressivem Verhalten.
Dies aber noch zu bedienen, wie Stoverock es fordert, käme einer Gesetzgebung gleich, die es Einbrechern erlaubte, in bestimmte staatlich zur Verfügung gestellte Häuser einzubrechen, damit sie ihren Trieb abreagieren können und andere Häuser verschonen.

Zu guter Letzt

Es gibt auch kluge Sätze in diesem Buch, wie ihre Ausführungen zur Abtreibungspolitik oder z.B.:

„Tatsächlich aber ist der ganze Schönheitsdruck auf Frauen nur ein kultureller Trick zur Luststeigerung der Männer – im Zweifelsfall geben sie sich auch mit viel weniger zufrieden“[95]
„Alles, was die Frau tut, misst sie an den möglichen Folgen für ihr Kind … noch vor ihren eigenen Bedürfnissen.“[96]
„Sich für die Ehe zu entscheiden, bedeutet, den Ursprung und Zweck der Ehe mitzutragen. Und daran ändert sich auch nichts, wenn Frau und Mann verliebt ineinander sind und sich ohne wirtschaftlichen Zwang zu einer Heirat entschließen.“[97]
„Jemand, dessen Arbeit einen möglichst hohen Geldwert produzieren kann, gilt als wertvoller als jemand, dessen Arbeit nur einen geringen Geldwert erzielt, oder jemand, der gar nicht produziert.“[98]

Da sehe ich das Potential der Autorin, finde aber im Gegensatz zu ihr, dass es völlig ok ist, wenn uns dieses System „eines Tages um die Ohren fliegt“.[99] Aber immer wieder macht sich Stoverock Sorgen, dass der Mann aufhören könnte, an der Zivilisation zu arbeiten:

„Auch wenn es uns nicht schmecken will: Monogynie, also eine Art sexuelle Grundversorgung, macht die vormals 80% potentiell gewaltbereiten Gewalt [sic] neigenden Männer überhaupt erst tauglich für eine dicht beieinander lebende Menschengemeinschaft.“[100]

Das schmeckt nicht nur nicht, das ist auch blanker Unsinn, toxische Pseudowissenschaft. Und selbst wenn, was nützt uns ein äußerlich braver Mitbürger, wenn er zuhause seine Ehefrau verprügelt und vergewaltigt? Die Risikoabwägung zugunsten einer stereotyp gedachten männlichen Sexualität – mit in die Halbwelt outgesourcter Gewalt – führt uns überhaupt nicht weiter, es ist nämlich bereits der Status quo. Vor allem: das Patriarchat selbst ist für die Dichte der Überbevölkerung verantwortlich, die allein durch die Unterdrückung der Female Choice entstand; diese Selbstlegitimation muss endlich erkannt und durchbrochen werden.

NACHTRAG Aktuelles

Mit einer neuen genetischen Studie (Pressemitteilung 14. April 2021) bestätigten türkische Forscher nochmals die Matrifokalität jungsteinzeitlicher Siedlungen. Zum Artikel im Magazin miragenews.com

LITERATUR

 

  • Blaffer Hrdy, Sarah: Mütter und Andere, Berlin 2010
  • Beck, Ulrich: Risikogesellschaft – Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt a. M. 1986
  • Bott, Gerhard: Die Erfindung der Götter. Norderstedt 2009
  • Bowles, Nellie: Jordan Peterson, Custodian of the Patriarchy. In: New York Times online vom 18.05.2018 https://www.nytimes.com/2018/05/18/style/jordan-peterson-12-rules-for-life.html abgerufen am 26.03.2021
  • Conley, T. D.: Women, Men, and the Bedroom, 2011, S. 296-300
  • Diep, Francie: 8,000 Years Ago, 17 Women Reproduced for Every One Man. An analysis of modern DNA uncovers a rough dating scene after the advent of agriculture. Aus: Pacific Standard Online. Original: 17.03.2015. Updated: 14.06.2017 https://psmag.com/environment/17-to-1-reproductive-success abgerufen am 26.03.2021
  • Duwe, Rona: Mutterwut Muttermut. Fundamente und Anstoß für die Revolte der Mütter, Norderstedt 2021
  • Gimbutas, Marija: Die Zivilisation der Göttin. Frankfurt a.M. 1996 (am. Originalausg. „The Civilization of the Goddess“ 1991)
  • Gogolin, Stephanie: https://marthastochter.wordpress.com/
  • Karmin, M. et al.: A recent bottleneck of Y chromosome diversity coincides with a global change in culture. In: Genome Research 2015; 25(4):459-466. doi:10.1101/gr.186684.114
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4381518/ abgerufen: 26.03.2021
  • Lerner, Gerda: Die Entstehung des Patriarchats. Frankfurt/New York 1991 (am. Originalausg. „The Creation of Patriarchy“ 1986)
  • Mau, Huschke: https://huschkemau.de/
  • Die MIAs, Mütterinitiative für Alleinerziehende e.V. i.G. https://die-mias.de/
  • Small, Meredith M.: Female Choices. Sexual Behavior of Female Primates. Cornell University Press (Oktober 1995)
  • Stoverock, Meike: Female Choice – Vom Anfang und Ende der menschlichen Zivilisation, Stuttgart 2021
  • Strauch, Stefanie: Als die Jäger sesshaft wurden. Aus: Wissenschaft.de vom 23.06.2009https://www.wissenschaft.de/geschichte-archaeologie/als-die-jaeger-sesshaft-wurden/ abgerufen am 26.03.2021
  • Terre de Femme: https://www.frauenrechte.de/
  • Weingrill,Tony; van Schaik, Carel P.: Sexueller Zwang bei Primaten: Evolutionäre Ursachen und Gegenstrategien der Weibchen. June 2011. Zeitschrift für Sexualforschung 24(02):111-133 DOI: 10.1055/s-0031-1271474
  • WIWO 2014: Wirtschaftswoche online vom 11.09.2014: Väter verdienen mehr, Mütter weniger – Bekommen US-Familien Kinder, verdienen die Väter sechs Prozent mehr – und Mütter vier Prozent weniger. Wie kommt diese Ungerechtigkeit zustande?
    https://www.wiwo.de/erfolg/beruf/kinder-und-karriere-vaeter-verdienen-mehr-muetter-weniger/10685690.html abgerufen am 26.03.2021
  • Zeng, Tian Chen et al.: Cultural hitchhiking and competition between patrilineal kin groups explain the post-Neolithic Y-chromosome bottleneck. In: Nature Communications Volume 9, Article number: 2077 (2018) https://www.nature.com/articles/s41467-018-04375-6 abgerufen am 26.03.2021

 


 

Anmerkungen

[1] https://web.archive.org/web/20201120201128/https://www.klett-cotta.de/buch/Tropen-Sachbuch/Female_Choice/136739 abgerufen am 14.03.2021

[2] Vgl. Stoverock 2021, S. 130 f

[3] „Incel“ nach Wikipedia: Kofferwort aus involuntary, dem englischen Wort für „unfreiwillig“, und celibate, dem englischen Wort für „Zölibat“) bedeutet.

[4] Stoverock 2021, S. 132

[5] Vgl. Gimbutas 1998

[6] Stoverock 2021, S. 190

[7] Vgl. Bott, Gerhard: Wo ist der Phallus des Urvaters? http://gerhardbott.de/zu-den-palaeolithischen-homines-sapientes/wo-ist-der-phallus-des-urvaters-.html abgerufen am 14.03.2021

[8] Vgl. Stoverock, 2021, S. 27

[9] Vgl. Ebd., S. 16

[10] Stoverock 2021, S. 16

[11] Vgl. Stoverock 2021, S. 136

[12] Vgl. ebd., S. 201

[13] Vgl. ebd., S. 216

[14] Stoverock 2021, S. 189

[15] Patrilokalität. Residenzform, bei der die Ehefrau zum Ehemann und dessen Eltern ziehen muss. In Industriestaaten überwiegt heute die sog. Neolokalität, ebenfalls eine patriarchale Residenzform, bei der die Frau dem Mann dorthin folgt, wo er Arbeit findet, und das ist immer seltener sein Geburtsort.

[16] Stoverock 2021, S. 134

[17] Vgl. Strauch 2009

[18] Vgl. Stoverock 2021, S. 57

[19] Ebd.

[20] Stoverock 2021, S. 59

[21] Vgl. Stoverock 2021, S. 234. Eigentlich „Maslowsche Bedürfnishierarchie“: https://de.wikipedia.org/wiki/Maslowsche_Bed%C3%BCrfnishierarchie

[22] Ebd., S. 18

[23] Ebd.

[24] Vgl. Stoverock 2021, S. 18 ff

[25] Stoverock 2021, S. 23

[26] Ebd., S. 93 f

[27] Ebd.

[28] Ebd., S. 134

[29] Ebd., S. 92

[30] Ebd., S. 90

[31] Ebd., S. 136. Anmerkung: 95/5=19 und nicht 17!

[32] Vgl. Karmin et al., 2018

[33] Das Y-Chromosom wird nur über die männliche Linie vererbt, die MtDNA nur über die weibliche Linie, findet sich aber bei Frauen und Männern in den Mitochondrien.

[34] Vgl. Diep 2015/18

[35] Zeng et al. 2018

[36] Stoverock 2021, S. 133 f

[37] Stoverock 2021, S. 136 f

[38] Zeng et al. 2018

[39] Vgl. Stoverock 2021, S. 23

[40] Vgl. ebd., S. 90 f

[41] Stoverock 2021, S. 91

[42] Ebd., S. 95

[43] Ebd., S. 108 f

[44] Ebd., S. 110

[45] Ebd., 2021, S. 106

[46] Ebd., S. 106 f

[47] Siehe hierzu auch Conley 2011

[48] Stoverock 2021, S. 111

[49] Ebd.

[50] Ebd., S. 113

[51] Ebd., S. 115

[52] Blaffer Hrdy 2010, S. 448, FN 20

[53] Stoverock 2021, S. 125, S. 145, S. 306

[54] Ebd., S. 118 f

[55] Als Beispiel sei ein Aufsatz genannt aus dem „Spektrum der Wissenschaft“ mit dem Titel „Stark als Paar“ von Blake Edgar (Heft April 2015), den ich bereits an anderer Stelle als Leserinbrief rezensiert habe, der im Spektrum auch abgedruckt wurde. https://wahrscheinkontrolle.wordpress.com/2016/10/14/zum-artikel-stark-als-paar-im-spektrum-der-wissenschaft-heft-april-2015/

[56] Stoverock 2021, Ebd. S. 128

[57] Ebd., S. 140

[58] Ebd., S. 140

[59] Vgl. Stoverock 2021, S. 139

[60] Vgl. ebd., S. 173 ff

[61] Stoverock 2021, S. 143. Vgl. auch S. 328, wo sie behauptet: „Ein Stück Fleisch ist schwerer zu beschaffen und damit wertvoller als etwa Brennholz. Jäger sind daher wichtiger.“ Hier folgt sie blind der patriarchalen Anthropologie, die die Jagd als Motor der Menschwerdung ansieht.

[62] Vgl. Stoverock 2021, S. 141

[63] Vgl. ebd., S. 199

[64] Vgl. ebd., S. 293

[65] Stoverock 2021, S. 200

[66] Ebd., S. 200 f

[67] Ebd., S. 201 f

[68] Ebd. S. 218. Der „Pluralis Majestatis“ an dieser Stelle imitiert wohl den Sprech von wissenschaftlichen Studien, an denen meist mindestens zwei beteiligt sind. Aber sind vielleicht doch mehr als eine AutorIn beteiligt?

[69] Zum Beispiel bei Weingrill/van Schaik 2011

[70] Stoverock 2021, S. 234

[71] WIWO 2014: Väter verdienen mehr, Mütter weniger – Bekommen US-Familien Kinder, verdienen die Väter sechs Prozent mehr – und Mütter vier Prozent weniger. Wie kommt diese Ungerechtigkeit zustande?
https://www.wiwo.de/erfolg/beruf/kinder-und-karriere-vaeter-verdienen-mehr-muetter-weniger/10685690.html abgerufen am 26.03.2021

[72] Vgl. Stoverock 2021, S. 162

[73] Stoverock 2021, S. 235

[74] Ebd., S. 22

[75] Ebd., S. 243

[76] Vgl. Stoverock 2021, S. 22 und S. 243

[77] Vgl. Bott 2009, Vgl. Small 1995, Vgl. Lerner 1986

[78] Bowles 2018

[79] Stoverock 2021, S. 243

[80] Ebd., S. 262

[81] Ebd., S. 212

[82] Vgl. Stoverock 2021, S. 217

[83] Vgl. ebd., S. 280

[84] Stoverock 2021, S. 282

[85] Ebd., S. 283

[86] Terre de Femme: 7 Mythen der Prostitution: https://www.frauenrechte.de/rss/380-prostitution/sieben-mythen-der-prostitution/2557-mythos-4-prostitution-verhindert-vergewaltigungen-maenner-brauchen-ein-ventil-fuer-ihre-uellen-beduerfnisse abgerufen am 26.03.20121
https://huschkemau.de

[87] Vgl. Stoverock 2021, S. 283

[88] Vgl. ebd., S. 284

[89] Stoverock 2021, S. 288

[90] Ebd., S. 291

[91] Ebd., S. 290

[92] Vgl. Stoverock 2021, S. 289

[93] Vgl. ebd., S. 280

[94] Stoverock 2021, S. 274

[95] Ebd., S. 227

[96] Ebd., S. 246

[97] Ebd., S. 299. Analoges auch zur Mitgliedschaft in einer Glaubensgemeinschaft.

[98] Vgl. Stoverock 2021, S. 144

[99] Stoverock 2021, S. 23

[100] Ebd., S. 167